laut.de-Kritik

Dunkel, extrem und brutal.

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"Totem", Soulflys zwölftes Studioalbum, kommt einer Zäsur gleich - zumindest, was das innere Gefüge der Band angeht. Nach fast zwei Jahrzehnten und endlosen Kilometern auf der Straße gingen Clanoberhaupt Max Cavalera und Stammgitarrist Marc Rizzo während Corona getrennte Wege. Und nach all den Jahren schied man nicht im Guten.

Während sich Max auf den schwammigen Allgemeinplatz der "persönlichen Gründe" zurückzog, deutete Rizzo u.a. mangelnden Support in der für viele Musiker:innen harten Pandemiepause an. Wie dem auch sei, vier Jahre nach dem starken "Ritual" bläst "Totem" auch ohne Rizzo zum Thrash/Death-Angriff im typischen Soulfly-Groove.

Der Produktion haftet aber nicht mehr der noch recht unmittelbare Wumms des Vorgängers an: Der reichlich verwendete Hall rückt den Gesamtsound etwas vom Hörer weg. Mitverantwortlich zeichnet dafür Arthur Rizk (u.a. Eternal Champion), dem eine Vorliebe für die frühen Heavy Metal-Bands nachgesagt wird und der nebenbei noch Rizzos Lücke füllt: Seine Leadgitarre steht der des Geschassten in Nichts nach. "Superstition" eröffnet mit kurzem Tribalintro, nur um nach wenigen Sekunden mit einem High Speed-Überfall an die Wand zu drücken. Es wundert nicht, dass sich der Opener im Sommer in den Livesets wiederfand.

"Scouring The Vile" (mit Obituarys John Tardy) kommt ebenfalls einer einzigen Attacke gleich, die von Half- bis Doubletime-Tempo reicht. "Filth Upon Filth" walzt im ternären Groove weiter, im brutalen "Rot In Pain" hört man stellenweise wieder die Percussions des Dschungels durch. Bedrohlich breitet sich auch der fünfeinhalb Minuten lange Titeltrack aus, dessen Speed über das letzte Songdrittel hin kontinuierlich bis auf Null heruntergebremst wird. Beim Halftime-Prügel "The Damage Done" übernimmt nach gut der Hälfte Rizks Sologitarre das Kommando.

Wer jetzt denkt, dass Überraschungen wie auf "Ritual" (etwa der an Motörhead angelehnte Rocker "Feedback!") ausbleiben, hat die beiden letzten Tracks nicht gehört: Wären nicht die hyperaktiven Drums Zyon Cavaleras, könnte das instrumentale "Soulfly XII" dank sphärisch verschwommenem Soundbild (Gitarren, Synths) glatt in einem Cure-Set landen.

Auch der überlange Abschlusstrack "Spirit Animal" führt die Metal-Experimente à la Cavalera weiter: Nach sieben Minuten Spielzeit irritiert erneut ein Gitarrensound, der dem von "Soulfly XII" ähnelt, aber noch übertrieben effektbeladene Rimklicks und die Pop-Dub-Vocals des serbischen Musikers Hornsman Coyote hinzufügt. Zwei Songs, die man live kaum zu hören bekommen wird. Ihren Leadgitarristen haben Soulfly zwar verloren, der Sound ihres ersten Nach-Corona-Kapitel klingt aber, als wäre nie etwas gewesen: dunkel, extrem und brutal.

Trackliste

  1. 1. Superstition
  2. 2. Scouring The Vile
  3. 3. Filth Upon Filth
  4. 4. Rot In Pain
  5. 5. The Damage Done
  6. 6. Totem
  7. 7. Ancestors
  8. 8. Ecstasy Of Gold
  9. 9. Soulfly XII
  10. 10. Spirit Animal

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