laut.de-Kritik

Poppig-anspruchsvoll gerät Bern in die Mitte Europas.

Review von

Eklektisch, Schweizer mit internationaler Ausrichtung, beliebter Arbeitspartner bei Kollegen und Schriftstellern: Nach vier Jahren Pause meldet sich Stephan Eicher mit "Taxi Europa" zurück.

Charakterisierten den Vorgänger "Louanges" noch Klangexperimente und die Beteiligung einer Vielzahl an Musikern, ist beim aktuellen Album die Reduzierung aufs Wesentliche angesagt. Zwar tauchen regelmäßig Orchestereinlagen oder Bläsereinsätze auf, den Kernsound machen aber Schlagzeug, Keyboards, Bass, Gitarre und Eichers leicht nörgelige Stimme aus.

Das Ergebnis klingt nach französischem Pop-Chanson. Kein Wunder, da Pierre Jaconelli (unter anderen Johnny Hallyday) und der Liedermacher Benjamin Biolay zum größten Teil die Produktion übernahmen. So hört sich der Opener "On Nous A Donné" mit einigermaßen krachiger E-Gitarre und einem eher sanften Schlagzeug im 4/4-Takt nach beherztem Rock-Pop an. Das schwyzerdütsche "Mein Freund" (mit italienischem Refrain) erinnert stimmlich an Herbert Grönemeyer, während ein Keyboard im Hintergrund rumwirbelt. Auf das nachdenkliche "Cendrillon Après Minuit" folgt die Feuerzeugballade "Tant&Tant". Trotz leicht verdaulicher Kost ist also Abwechslung Trumpf.

Was auch zum Titel passt. Das Album ist wie eine lange Reise aufgebaut. "Bin so lange unterwegs, bin so weit von mir entfernt, helle Nächte, dunkle Tage" singt Grönemeyer mit dem Italiener Max Gazzè und Eicher auf dem Titeltrack, der auch das beste Stück des Albums darstellt. Poppig-funky mit einem gemeinsamen dreitönigen "Vaffanculo!" beweist es die Auseinandersetzung der Autoren mit dem Thema: Fluchen ist im italienischen Verkehr oder bei langen Reisen eben unumgänglich.

Damit es für die Beifahrer auch etwas zu lesen gibt, arbeitete der Schriftsteller Philippe Djian an den meisten Texten (wer kann schon Beatrice Dalle in "Betty Blue", der Verfilmung seines Romans "37.2 Le Matin" vergessen?) und Eicher kümmerte sich um die Gestaltung des Booklets. Allein das Rätseln um die Funktion der beigelegten roten und grünen Folien könnte die Wartezeit bei dem einen oder anderen Stau versüßen. Anschließend steht Taxi-Tarif-Raten an. Wieviel kostet es, von Bern nach Palermo oder Stockholm zu fahren? Die Antwort gibt es in der Mitte des Booklets.

Mit Eicher gerät die Schweizer Hauptstadt in die Mitte Europas. "I'll Swim To America", verkündet er zwar im gleichnamigen Lied. Davor gibt es im Herbst aber noch eine ausgedehnte Schweiz- und Deutschlandtour.

Trackliste

  1. 1. On Nous A Donne
  2. 2. Ungenauer Schmerz (Guarda E Passa)
  3. 3. Cebdrillon Apres Minuit
  4. 4. Tant Et Tant
  5. 5. Taxi Europa
  6. 6. Si On S'y Mettait
  7. 7. Kreis 5
  8. 8. Swim to Amrica
  9. 9. La Voisine
  10. 10. Avec Toi
  11. 11. Rien N'Est Si Bon
  12. 12. E*
  13. 13. Ps

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