laut.de-Kritik
Volle Kanne Coolness ist hier am Start.
Review von Philipp SchiedelAlles und jedermann wird gerade von der Retro-Schiene geschluckt. Da kommt eine neue Platte von Stereo Total, die Band, die schon immer retro war, genau richtig.
Inzwischen hat man sich von vier Bandmitgliedern wieder, wie zu Anfangszeiten, auf Francoise Cactus und Brezel Göring reduziert und macht Musik, die wie die Spielzeugabteilung des Berliner KaDeWe in der Mitte der 80er klingt. Alles piept und hupt, und erinnert stellenweise mehr an ein Basketball-Telespiel als an Popmusik. Willkommen im Spielzeugland.
Zur glücklichen Kindlichkeit kommen die grandios bescheuerten Texte von Francoise Cactus, die sich mit einem französischen Hardcore-Dialekt gekonnt durch das große Gefühlkino spielt. Immer herrlich absurd und mit einem Schmunzeln auf den Wangen. Neben Deutsch, Englisch und Französisch stürzt man sich im letzten Song sogar ins Türkische (Presseinfo: "für die türkischen Gemüsehändler in unsrer Umgebung") und rockt mit einer fantastischen Cover-Version des Songs "Für Immer 16": von rotzigem Gitarren (Brezel Göring: "Der Song hat nur einen einzigen Akkord") unterstützt, geht diese große Platte zu Ende.
Einzig der Sound will nicht so recht zum gewohnten Bild von Stereo Total passen. Produzentengehilfe Cem Oral a.k.a. Jammin Unit von Air Liquide hat rein gar nichts von der gewohnten Garagen-Produktion übrig gelassen. Seinem Einfluss ist es auch zu verdanken, dass die Elektronik deutlich Überhand gewinnt und zwar das Rauschen verscheucht, dem für Stereo Total so wichtigen Trash aber immer noch genug Raum gönnt sich auszubreiten. Nur ganz selten kommt die Gitarre zum Einsatz, meistens klingt es, als würde ein Fünfjähriger auf einem elektronischen Plastik-Glockenspiel seine Kinderlieder-Kassetten nachspielen.
Die Platte ist intelligent doof, trashig, charmant und kindisch. In anderen Worten: volle Kanne Coolness ist hier am Start.
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