laut.de-Kritik
Drei Hälse für ein Halleluja.
Review von Yan VogelSteve Vai startete als "Stunt"-Gitarrist für Frank Zappa, illustrierte David Lee Roths Solo-Höhenflüge Mitte der Achtziger und förderte in den Neunzigern einen jungen, kanadischen Künstler namens Devin Townsend. Die größten Meriten sammelte er als Solo-Künstler sowohl auf Konserve als auch im Live-Bereich. Hier ist insbesondere die G3-Sause zu nennen, mit wechselnden Partnern wie Joe Satriani oder John Petrucci. Das zehnte Album "Inviolate" richtet Vai eindeutig im Sinne des instrumentalen Vortrags aus.
Drei Stücke haben im Namen einen Bezug zur griechischen Mythologie. "Teeth Of The Hydra", "Zeus In Chains" und "Apollo In Color" gehen als paradigmatische Trias des Schaffens des 61-jährigen durch. Monolithische Akkorde treffen auf sorgsam und spartanisch instrumentierte Passagen, die wiederum in den hochfliegenden Soli die Himmelsdecke durchstoßen.
Das Artwork fokussiert klar die dreihälsige Gitarren-Hydra. Vais Augenpartie ist mit einem schwarzen Balken versehen. Die bittende Geste seiner Hände kann als Message verstanden werden: Hier spricht die Musik. Natürlich serviert das Gitarren-Genie aus Sicht mancher Kritiker Geknödel zum Frühstück. Nach Genuss der Platte lässt sich hingegen konstatieren: Technik und Tempo überschatten nicht die künstlerische Leistung.
Der Mix ist bewusst roh gehalten, was den grundsätzlich als Trio-Besetzung gehaltenen Nummern Leichtigkeit verleiht. Viele Stile bilden die Staffage für die komplexen Instrumentalpassagen. Die hohen Weihen des Musikertums durchziehen sämtliche Songs. Natürlich steht die Gitarre trotz Drum-Tieren wie Terry Bozio oder Vinnie Colaiuta oder Bassisten-Legende Billy Sheehan im Vordergrund.
Dabei betören weniger die solistischen Ausflüge, die vor Kirchentonarten und technischen Tricks nur so strotzen. Vai, gerne als guter Gitarrist, aber weniger als fundierter Songwriter bezeichnet, besticht vielmehr durch ein abgestimmtes Zusammenspiel mit seinen Kollegen sowie eine stimmige wie abwechslungsreiche Liedgestaltung. In dieser kommen neben der angesprochenen Sonderanfertigung, eine sieben- und 12-saitige Gitarre, ein viersaitiger Bass, Harfensaiten, halbfreie Hälse, Single-Coil-, Humbucking-, Piezo- und Sustainer-Tonabnehmer, schwebende und Hardtail-Tremolo-Brücken, die mit Phasensplitter gespickt ist auch weitere Exemplare wie eine Gretsch-Hollowbody-Gitarre oder eine Ibanez PIA Signature-Gitarre mit je ausgeprägtem Klang zur Geltung.
"Little Pretty" lebt vom Kontrast zwischen zarten Melodien und harten Double Bass-Parts. Im cleanen wie schroff rhythmisierten "Candlepower" beeinflussen den Ami die wiederum stark von ihm beeinflussten Animals As Leaders. In "Avalancha" durchmisst der Schöngeist Prog Metal-Terrain à la Dream Theater. "Sandman Cloud Mist" gestaltet der Gitarrenpapst im New Age-Gestus.
Den Leiden des Vai fügte eine Schulter-OP ein weiteres Kapitel hinzu. Dies hinderte ihn nicht daran, den Song "Knappsack" einhändig einzuspielen. Funktioniert super, ist Vai doch für sein Legato-Spiel bekannt. Die Inspiration zum Titel stammt von seinem Arzt. Nach der Schulteroperation war der lädierte Arm eine Zeit lang bewegungsunfähig. Dr. Knapp, der behandelnde Mediziner, fertigte daraufhin eine Armschlinge an, die den Namen "The Knappsack" verliehen bekam. Kurz und knapp: Säße Vai auf der Couch des österreichischen Analpsychotikers Sigi Freud bekäme er wohl das Prädikat 'Genie und Wahnsinn' verliehen.
3 Kommentare mit 18 Antworten
Vai hat seit 1990 keine neuen Ideen mehr. Seine Instrumentals hören sich wie orientierungsloses herumgew..chse auf dem Griffbrett an. Den Mangel an musikalischen Ideen versucht er dadurch zu verstecken, dass er ständig aus der Melodie ausscheert, nach oben, unten, seitlich, und möglichst unvorhersehbar und mit krummem Gejaule.
Puh, ich bin also doch nicht allein mit dieser Meinung zu Steve Vai. Alles nicht schlecht, aber halt doch alles das Gleiche, und das so, dass man kein neues Album haben muss. Mir persönlich reicht Passion and Warfare von 1990 voll und ganz.
@Skeptisch:
Gibt's etwa schon jemanden, der die Bending-Technik in "Candlepower" bereits angewandt hat?
Gruß
Skywise
Glaube nicht, jetzt brauchen wir nur einen gescheiten Songwriter der mit der Technik auch etwas anzufangen weiß.
Zu viele Töne, zu viel Rumgeorgel, zu wenig Musik und Ideen.
Seit Jahren lese ich mir gerne Online-Rezensionen – und dazu zählen natürlich auch die Kommentarspalten der eigentlichen Review, ebenso wie die Bewertung von ‚Laien‘ bspw. auf Amazon – zu in Kürze erscheinenden oder bereits erschienenen Alben durch, die mich interessieren. Nicht, weil mich die persönliche Meinung des Rezensenten in Bezug auf eine Bewertung alla „gut“/“schlecht“ sonderlich tangieren würde (Punktebewertungen halte ich ohnehin für albern und unnötig), sondern weil ich mir neue Impulse für den Hörgenuss erhoffe. Anderen fällt häufig etwas auf, was mir beim Hören bislang entgangen war, weil ich mich auf ganz andere Aspekte konzentriert habe. Häufig gewinne ich dadurch beim Hören eine neue Perspektive und die Musik klingt wieder frisch, obwohl ich sie zuvor schon hundertmal gehört habe.
Nach all den Jahren kann ich getrost resümieren, dass sich in den Kommentarspalten von laut.de die mit großem Abstand oberflächlichsten Musikhasser im ganzen Internet tummeln. Die Pauschalität und Verachtung, mit der hier großartige Musiker mit einem Zweizeiler in Schubladen gesteckt und abgekanzelt werden, ist wirklich traurig. Im Falle eines Steve Vai ist mir beispielsweise vollkommen unerklärlich, wie man die starken, eingängigen Melodien, die sich in fast allen seinen Stücken finden, einfach nicht bemerken kann. Hier muss – Verzeihung! – eine Wahrnehmungsstörung vorliegen.
Ich möchte dazu ermuntern, mal genauer hinzuhören und auch mal eine andere als die hier typische Scheuklappenperspektive einzunehmen! Ihr habt nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen!
Hier noch ein kleiner, polemischer Begriffsleitfaden zur Entschlüsselung von laut.de-Kommentarspaltendeutsch! (Nehmt es mit Humor)
„Schlechtes Songwriting“ =
Der Künstler verzichtet größtenteils auf eine abgelutschte Strophe-Refrain-Struktur mit eintönigen IV – V – I (o.ä.) Verbindungen, moduliert in entfernte Tonarten und greift auf exotisches Tonmaterial und Rhythmen zurück. Zudem dauert der Song länger als drei Minuten, was den Rezensenten überfordert.
„Keine neuen Ideen“ =
So viele neue Ideen, dass der Rezensent intellektuell nicht mehr schritthalten kann.
„Alles das Gleiche“ =
Der Musiker hat einen distinkten Personalstil, den er trotz kompositorischer Innovation stets in seine Musik einbringt.
„Gedudel/Geknödel/Gejaule/Frickelei“ = Hochvirtuose Instrumentalpassagen mit intrikater Phrasierung. Der Rezensent ist neidisch.
So, das musste ich jetzt mal loswerden…
Lieber Fanboy,
wenn Du so wenig eigenen Musikgeschmack und Musikverstand hast, dass Du die Bewertungen anderer benötigst, dann solltest Du etwas kleinere Brötchen backen. Tipp: Lösch Dich, Du Jammerlappen!
"Hier muss – Verzeihung! – eine Wahrnehmungsstörung vorliegen."
Mmmh ja. ODER Musik ist subjektiv.
"Die Pauschalität und Verachtung, mit der hier großartige Musiker mit einem Zweizeiler in Schubladen gesteckt und abgekanzelt werden, ist wirklich traurig."
Da stimme ich gerne zu. Selten findet in den Kommentaren eine wirklich kritische Auseinandersetzung mit dem Werk statt, von Respekt gegenüber den Künstlern brauchen wir gar nicht reden.
Laut fördert das aber auch an anderer Stelle bereitwillig, in dem es regelmäßig zielgruppenferne Plattenreviews veröffentlicht, die nur als Click-Bait dienen und zum Pöbeln einladen (Amigos, Andrea Berg, Helene Fischer, etc.)
P.S. Ich bin kein Boomer und ich lösche mich dann, wenn ich richtig Bock drauf hab.
Ich möchte mich dieser Meinung anschließen! Unter fast keiner Rezension findet man eine vernünftige Diskussion. Im Grunde arbeiten sich immer dieselben Spezialisten aneinander ab.
Was für ein Glück, dass sich zumindest Meypelnek und Beltane63 ausführlich auf die musikalische Finesse, die Aufnahmequalität, das künstlerische Gesamtpaket und mit so viel Respekt zur Leistung des Künstlers das neue Werk des gottgleichen Steve Vai geäußert haben.
Was man Euch beiden Spacken zugutehalten muss, Ihr habt Euch wenigstens nicht als Fanboys extra neu hier angemeldet, um Euer Idol mit einem schwachsinnigen Kommentar beizuspringen, wie es samiE getan hat.
Jetzt entspann dich doch endlich mal, Theo. Mach ne Runde Eminem und schone deine Kräfte für das noch anstrengende Jahr. Meine Güte, so ein bußgeldignorierender Querolant.
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Mir ging es bei meinem Posting nicht um die Qualität von Vais Platte, die habe ich noch nicht mal gehört, mir ging es um die Diskussionskultur! Und sofort taucht ein Individium auf, beleidigt mich und labert mich von der Seite an. Q.E.D. So macht ein Forum Spaß...
Ihr beiden seid echt Experten. Darüber meckern wie hier diskutiert wird und selbst nichts außer Gemeckere beitragen. Ganz großes Kino.
Das war das witzigste was ich seit langem gelesen habe.
Lieber, seltsamer Theory9 Wutzipfel. Hast Du meine Beiträge gezählt? Mein Rat: reg Dich ab und frag Mami nach Keksen oder üb Deine Tonleitern.
Das Laut.de Forum ist auf jeden Fall ein brilliantes Beispiel dafür, was in den "sozialen" Empörungsmedien alles schief gehen kann.
@Meypelnek
Vielen herzlichen Dank für Deinen sachlichen Beitrag zu Steve Vai und seinem neuen Album. Es ist immer schön, wenn man Beiträge ohne übertriebene Emotionalität und vor allem ohne persönliche Angriffe auf andere, die eine andere Meinung vertreten, lesen darf. Besonders wichtig finde ich vor allem Deine empörten Beiträge, die sich über andere empörte Beiträge empören. Das kann nicht jeder.
Lediglich warum jemand Deine Beiträge zählen sollte, erschließt sich mir nicht ganz.
Theory9 auch so ein hängengebliebener Berufsempörter.
Kann weg.
also meine Kritik ganz oben war zwar schon polemisch, aber deswegen trotzdem nicht falsch. Kenne Vai mit Flexable, Zappa, Crossroads, Dave Lee Roth, Whitesnake, Passion/Warfare, Sex/Religion (war auch noch gut), Alien Love Secrets (noch akzeptabel), der Rest des Solooutputs ist aber medioker und repetitiv. Vai ist jemand dem ein richtiger Musiker sagen muss was er tun soll, sonst geht es schief, und er fängt sogar an zu singen (Gott bewahre!).
Was das neue Album betrifft sind hören sich alle Songs wie eine schlechtere Version von einem auf Passion&Warefare an. It's a scientific fact
im übrigen zwingt die Kürze zur Würze, in den Onlinekommentaren. Höre mir lieber Satriani, Eric Gales, Steve Morse, Paul Gilbert und den alten Jeff Beck an, die sind besser gereift als der Steve Vai... oder Malmsteen, der alte Langweiler (der sich auch nur noch wiederholt).