laut.de-Kritik
Musik ohne Unterleib, kein Stachel, nirgends
Review von Joachim GaugerDer Mann nennt sich 'Stachel'. Angeblich wegen einer frühen Vorliebe für schwarz-gelb gestreifte Pullover gewählt, drückt der Name doch mehr aus: Hier will einer unbequem sein, sich nicht mit schnödem Mammon bescheiden, sondern im Film wie im richtigen Leben den Rebell geben.
"Nie selbstgefällig, immer risikobereit - auf "Brand New Day" fährt Sting mit der Erforschung neuer musikalischer Welten fort", behauptet das Label, wohl wissend, was der Käufer erwartet. Dabei ist Risikobereitschaft wirklich das Letzte, was sich dem neuen Sting-Album nachsagen läßt.
In der ersten Singleauskopplung "Brand New Day" [RealAudio-Hörprobe] und dem zugehörigen Video führt ein gottähnlich erleuchteter Sting die Menschen ans Licht und heilt Kranke. Dergleichen esotherischer Mystizismus durchdringt dann gleich die ganze CD. Wie auf seinen ersten Soloalben vereint Sting der Welt Musik. Französischer Rap ("Perfect Love... Gone Wrong"), Hillbilly ("Fill Her Up"), Sitar ("Ghost Story"), Jazziges, Souliges, Gospel und massenhaft Streicher sind kompositorisch perfekt zusammengezwungen. Der Wille zum ganzheitlichen Denken ist unverkennbar, nur leider bleibt's beim Denken und mangelt um so mehr an Lebendigkeit. Das Ganze: eine Kopfgeburt. Mag der neue Sting Kranke heilen, uns Hörende heilt er leider nicht.
Trotz der rhythmischen Vielfalt auf "Brand New Day" gibt's von Groove, der in die Beine will, weit und breit keine Spur. Selbst das Herz will sich nicht angesprochen fühlen, was bei einem Album, das sich ganz um die 'Liebe' dreht, eigentlich ziemlich bedenklich ist. Die neue Sting: Musik ohne Unterleib, kein Stachel, nirgends.
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