laut.de-Kritik
Ab in keltische Welten abseits von Trubel und Hektik.
Review von Kai ButterweckZehn Jahre gab es keine neuen Stücke von Sting zu hören. Das hatte auch einen Grund: "Es gab für mich nicht wirklich etwas Neues zu sagen. Wenn man älter wird, dann gewinnt der innere Kritiker immer mehr an Einfluss und verdammt, was du da gerade machst. Und das kreative Kind in dir traut sich nichts mehr zu", so der The Police-Gründer in einem seiner jüngeren Interviews.
Nun tanzt Stings innerer Dreikäsehoch aber wieder im Dreieck und sprudelt förmlich über vor neuen Ideen. So dürfen sich Fans des Sängers, Multiinstrumentalisten, Schauspielers und Umweltaktivisten im nächsten Jahr über ein Broadway-Musical mit dem Titel "The Last Ship" freuen. Vorab präsentiert sich dieser Tage schon einmal der 'Soundtrack' dafür. Dabei entführt der Verantwortliche den Hörer auf insgesamt zwölf Songs in keltische Welten abseits von Trubel und Hektik.
Gezupfte akustische Gitarren, pointierte Hobbit-Rhythmen und allerlei altertümliche Streich- und Blas-Einschübe begleiten den kreativen Tausendsassa aus Wallsend auf seiner Reise in die Vergangenheit.
Songs wie "August Winds", "Practical Arrangement" oder "I Love Her But She Loves Someone Else" präsentieren sich als die perfekte Begleitmusik für laue Lagerfeuer-Abende inmitten der sattgrünen britischen Weite. Dabei wirft der Verantwortliche aber nicht mit opulenten massentauglichen -Melodien um sich, sondern bezirzt den Hörer eher im Storytelling-Modus. Das funktioniert vor allem auf dem eröffnenden Titeltrack und der kantigen Geschichtsstunde "Ballad Of The Great Eastern" vorzüglich.
Auch mit reichlich Pathos bestückte Folk-Ausflüge à la "Language Of Birds" oder das durch die Unterstützung von Betty Unthank an alte MacGowan/MacCall-Glanztaten erinnernde "So To Speak" stehen Sting gut zu Gesicht.
Ganz ohne Bewegung geht es dann aber doch nicht. Und so zwängt sich der schlaksige Brite zwischendurch in einen uniformen Zweiteiler und mimt dabei den Lord Of The Dance ("What Have We Got?"). Das Beschäftigen mit Vergänglichem, jugendlichen Erinnerungen und Selbsterfahrungen muss ja nicht zwangsläufig nur mit Moll-lastiger Melancholie beschallt werden - das kann man auch wunderbar inmitten schweißgebadeter Leiber zelebrieren. In diesem Sinne: Hoch die keltischen Tankards und Cheers!
3 Kommentare
Uh, das klingt interessant! Bin musikalisch zufälligerweise eh grad wieder sehr "keltisch/gälisch/irisch/schottisch/traditionell" drauf. Werd ich mal reinhören!
Was ich toll finde ist die Abwesenheit jeglichen Autotune und Melodyne Dreggzeugs;-)))...Schöne, handgemachte Musik mit Seele! Man muss zuerst einfach mal zuhören aber dann gehts musikalisch rund...
Habe mich drauf eingelassen und bin angenehm überrascht. Die Stücke sind zwar meistens ruhig und folkloristisch angehaucht, aber trotzdem abwechselungsreich und liebevoll arrangiert. Vor allem mit Kopfhörer ein Genuß. Und die Lyrics erzählen - typisch Sting - pointiert und gut zur Musik passend die passenden Geschichten dazu. Sogar Brian Johnson von AC/DC ist als Gastsänger dabei - witzig.
Kritik würde ich allerdings am Mastering üben: Zwar ist der Mix ausgewogen und klar, allerdings scheint mir selbst bei dieser CD die Dynamik auf Kosten der Lautheit zu sehr komprimiert worden zu sein. Das ist schade, weil gerade die ruhigen Stücke mit ihren fein dosierten Aufs und Abs darunter leiden.