laut.de-Kritik

Unaufhaltsam nur auf dem Papier.

Review von

Suicide Silence wollen und müssen ein Zeichen setzen, dass sie auch ohne Aushängeschild Mitch Lucker können. Zumindest auf dem Papier bemühen sie sich darum nach Kräften: der Albumtitel spricht eine deutliche Sprache. Leider überträgt sich der Tatendrang nur bedingt auf die Musik.

Nach dem musikalisch völlig überflüssigen 50-Sekunden-Intro, das wohl als eine Art Nachruf an den verstorbenen Frontmann gedacht ist ("M.A.L."), reichen die Kalifornier das Mikrozepter symbolisch an Eddie Hermida weiter. Der ehemalige All Shall Perish-Shouter macht zwar einen durchgängig guten Job. Ihm fehlt jedoch stellenweise die besondere Aggressivität und Räudigkeit seines Vorgängers.

Insgesamt haben sich mehr melodiöse Elemente in den Sound eingeschlichen, was der Band gut zu Gesicht steht. Allerdings wirken Suicide Silence auf "You Can't Stop Me" im Vergleich zu den ersten drei Alben auch irgendwie handzahmer. Vielleicht auch erwachsener. Nur leider resultiert das darin, dass die Tracks null Wiedererkennungswert besitzen und die Band gemeinsam mit zahlreichen Kollegen im stetig wachsenden 08/15-Teil des Deathcore-Sumpfes untergeht.

"Inherit The Crown" läutet den Einheitsbrei gebührend ein. Der Song bietet aber rein gar nichts Neues. Bewährtes Drop-Geklöppel mit Vocals und Riffs vom Reisbrett. Wahllos ballern Suicide Silence dann in "Cease To Exist" drauf los. Wie oft haben wir so etwas wohl schon gehört?

Immerhin ein paar Lichtblicke lassen sich ausmachen. "Sacred Words" bietet angenehm wenig Gestückel, dafür mehr Groove- und Bangfaktor. Das abschließende "Ouroboros" überrascht mit seinen etwas ruhigeren Tönen. Doch leider bleibt es bei wenigen Ausnahmen. Viel zu oft regiert belangloses Core-Gewirr. Musterbeispiel gefällig? "Control". Struktur? Fehlanzeige. Hauptsache Pinch-Harmonics, Doublebass und Breakdowns. Inmitten von Hermidas Kreischekstasen tummelt sich übrigens George Fisher. Aber Vorsicht, Cannibal Corpse-Fans: Finger weg!

Im Gegensatz zum Corpsegrinder setzt ein weiterer Gastsänger tatsächlich neue Akzente. The Dillinger Escape Plans Greg Puciato macht sogar einen völlig uninteressanten Song wie "Moster Within" hörenswert (zumindest ein bisschen) und liefert die beste Vokalperformance des Albums.

Schließlich übertreiben es Suicide Silence aber mit ihrem Nostalgie vs. Neuanfang-Gehabe. Von mir aus können Suicide Silence "Ending Is The Beginning" so oft re-recorden wie sie wollen, aber dafür gibt es wirklich bessere Vertriebswege als das neue Studioalbum. Damalige Aufnahmequalität hin oder her, wer braucht denn hier noch einen zehn Jahre alten EP-Track? Oder sind etwa die Ideen ausgegangen? Ein paar Power-Chord-Staccatos mehr wären sicher drin gewesen ...

Suicide Silence waren zwar noch nie mehr als eine von vielen Deathcore-Bands. Doch sie hatten einen Frontmann, der – insbesondere live – den Unterschied ausmachte. Ohne ihn bringen sie immer noch einen soliden Genrebrocken zustande, klotzen mit starker Produktion und Moshpit-Hymnen können die Kalifornier ohnehin. "You Can't Stop Me" entbehrt allerdings jeder Individualität.

Trackliste

  1. 1. M.A.L.
  2. 2. Inherit The Crown
  3. 3. Cease To Exist
  4. 4. Sacred Words
  5. 5. Control
  6. 6. Warrior
  7. 7. You Can't Stop Me
  8. 8. Monster Within
  9. 9. We Have All Had Enough
  10. 10. Ending Is The Beginning
  11. 11. Don't Die
  12. 12. Ouroboros

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