laut.de-Kritik

Leise säuselt die dunkle Vorahnung.

Review von

Die Reise durch das Unerwartete geht weiter. Mit seinen bisherigen Alben hat das kanadische Art-Rock-Trio Suuns schon bewiesen, dass es sich nicht vor klanglichen Experimenten fürchtet. Vom techno-punkigen "Felt" über das post-rockige "Hold/Still" - die werten Herren aus Montreal probieren so ziemlich alles aus. Nun ist ihre Musik dort angekommen, wo sich Figuren wie die aus "Fear And Loathing In Las Vegas" wahrscheinlich am wohlsten fühlen würden. Denn "The Witness" nimmt die Hörer*innen auf einen 37-minütigen (Audio-)Trip mit und hält allerhand Abwechslung bereit. Trotz seiner Vielfalt ist es dennoch das bisher kohärenteste Album.

Dabei trifft auch mal das von Vogelgezwitscher begleitete "Timebender" auf das dystopisch klingende "C-Thru", das mit seinem düsteren Beat ebenso gut auf dem Soundtrack eines Sci-Fi-Films gelistet werden könnte. Dieser scheinbare Gegensatz tut der Geschlossenheit aber keinerlei Abbruch, weil Ben Shemies Stimme alle Facetten zusammenhält. Sein sanfter und zugleich verstörender Gesang schält sich aus einer überirdischen Sphäre heraus, die der Menschheit unbekannt ist - so klingt es zumindest.

In "Third Stream" offenbart er langsam, aber keineswegs zögerlich "I don't want to wear this mask / To conceal / The way I feel" und begründet das mit dem wiederholten "I've seen too much". Eine ehrliche Aussage, die er mit den darauffolgenden 30 Minuten untermauert. Denn in "Witness Protection" fragt er sich "What is this sickness? / These feelings come and these feelings go", und meint damit jene Gefühle, die sich durch die Geschehnisse auf der Welt entwickeln:" Minding my own business / I saw from a distance / Oh, I am a witness".

Inmitten der düsteren Stimmung schimmert aber stellenweise doch noch Hoffnung auf Besserung durch, wie es im tröstenden "Go To My Head" anklingt. Die zwei harmonierenden Gitarrenstimmen schmiegen sich in das Intro und Outro und wirken dabei wie Balsam für die Seele. Besonders, nachdem der Gemütszustand vorher etwas durch die Mangel genommen wurde. Passend dazu muntert es auf, wenn Shemie "No more tears, no / Don't go to my head" singt. Ähnlich verhält es sich bei "Clarity", wenn er von "No more fear" redet und sich die Saxophon-Stimme einschleicht, um Shemie mit luftig-flirrenden Einwürfen und anschließendem Solo abzulösen. Definitv ein Highlight der Platte.

Mit dem sechsminütigen Electro-Epos "The Trilogy" rollt Suuns zuletzt den wabernden Synth-Teppich aus, der die überwiegend dunkle Atmosphäre auf einer positiven Note enden lässt: "Oh, don't you be afraid / To carry the flame / Keep it alive". Passend dazu beendet es das Album so, wie es von "Third Stream" eingeleitet wurde: Zikaden-Zirpen bettet "The Witness" in eine außerweltliche Idylle ein, die sich erst dann so richtig entfaltet, wenn man sich das Album von A bis Z und in einem Rutsch anhört.

Trackliste

  1. 1. Third Stream
  2. 2. Witness Protection
  3. 3. C-Thru
  4. 4. Timebender
  5. 5. Clarity
  6. 6. The Fix
  7. 7. Go To My Head
  8. 8. The Trilogy

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LAUT.DE-PORTRÄT Suuns

"Als Band versuchen wir von immer weiter weg auf unsere Musik zu blicken, während sich die Landschaft vor uns öffnet", erklärt Suuns-Sänger Ben Shemie.

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