laut.de-Kritik

Tribute to Lisa 'Left Eye' Lopes.

Review von

Nachdem TLC-Sängerin Lisa 'Left Eye' Lopes im April 2002 durch einen tragischen Autounfall aus dem Leben gerissen wurde, war das Fortbestehen der erfolgreichsten Frauenband aller Zeiten zunächst fraglich. Doch die hinterbliebenen Mitglieder Rozonda 'Chilli' Thomas und Tionne 'T-Boz' Watkins wollten das neue Album, das zum Zeitpunkt von Lisas Tod bereits in der Mache war, auf jeden Fall fertig stellen. Eine klassische TLC-Scheibe sollte es werden. Mit der für das Trio so typischen Mischung aus Hip Hop, Pop und R'n'B.

Das Ergebnis heißt "3D". Dieses Album, möglicherweise das letzte Werk der Ladies aus Atlanta, wurde in Gedenken an die unersetzbare Left Eye zu Ende produziert. Musikalische Widmungen an verstorbene Künstler kommen ja meist recht tränenreich und sentimental daher. Nicht so "3D"! Chilli und T-Boz wollten sicher gehen, dass die Fans die quirlige Lisa Lopes so in Erinnerung behalten, wie sie sich ihnen immer präsentiert hatte. Dementsprechend findet man eine große Zahl dynamischer und lebendiger Songs auf dieser Platte. "Over Me", an dem Left Eye mitgeschrieben hat, erhält vor allem durch den typischen und erfrischenden Rap von Lisa den unentbehrlichen Pepp.

Ebenfalls von Lisa Lopes' musikalischer Handschrift geprägt sind die Partyhits "Quickie" und "Girl Talk". Ohne Zweifel hatte das freche TLC-Mitglied bei den Lyrics für diese Songs ihre Finger im Spiel. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen verpassen die Ladies ihren männlichen Zeitgenossen in "Quickie" eine gehörige Abreibung. Und ohne mit der Wimper zu zucken, nehmen sich TLC in der unzensierten Version von "Girl Talk" den einst von Salt'n'Pepa verbreiteten Aufruf "Let's Talk About Sex" zu Herzen. Eltern, die ihre Zöglinge lieber nicht mit sexuellen und teils zornigen Inhalten konfrontiert wissen wollen, können wahlweise zur sauberen Ausgabe von "3D" greifen.

Wie es sich für ein ordentliches Gedenk-Album gehört, waren bei der Produktion von "3D" einige Koryphäen mit am Werk. Neben dem kürzlich von Pink gedissten Arista Records-Präsidenten Antonio "LA" Reid finden sich auch Namen wie Dallas Austin ("Damaged"), Raphael Saddiq ("So So Dumb") oder Mr. Schmusesong persönlich, Babyface ("Hands Up") auf der CD. Unverkennbarer und hitverdächtiger Up-Beat-Sound à la Missy Elliott und Timbaland stechen einem bei "Dirty Dirty" ins Ohr. Songwriter Pharrell Williams, der in letzter Zeit mit seinen Party-Produktionen Britney Spears und Justin Timberlake zu neuem Aufschwung verhalf, zeigt mit "In Your Arms Tonight" eine ungewohnt smoothe Seite. Für Chilli und T-Boz" war es ein Leichtes, diesem von den Neptunes produzierten Lied mit ihrem sexy-sanften Gesang die richtige Note zu verleihen.

Der ruhige und eindringliche Track "Turntable" erinnert nicht nur an den TLC-Welthit von 1994 "Waterfalls", sondern stammt auch vom selben Produzenten: Rodney Jerkins. Erinnerungen an das 94-er Album "CrazySexyCool" kommen auch bei "Hey Hey Hey Hey" auf. Doch trotz aller Bemühungen, "3D" den Geist von Lisa 'Left Eye' Lopes einzuhauchen, bleibt das neue Album nur zweidimensional – ein Bild der Illusion. Denn es fehlt eindeutig etwas bei TLC: Das dritte Element. Das L in der Mitte, das stets für den musikalischen Ausgleich gesorgt hatte – Ausgleich im Sinne von vitalen und vorlauten Rap-Einlagen – als willkommene Abwechslung zu den eher gediegeneren Klängen von T-Boz und Chilli. Die Mischung war einfach perfekt – und sie lässt sich mit Gesangs-Versatzstücken der Verstorbenen aus dem Musik-Archiv nur bedingt wiederherstellen.

Trackliste

  1. 1. 3D (Intro)
  2. 2. Quickie
  3. 3. Girl Talk
  4. 4. Turntable
  5. 5. In Your Arms Tonight
  6. 6. Over Me
  7. 7. Hands Up
  8. 8. Damaged
  9. 9. Dirty Dirty
  10. 10. So So Dumb
  11. 11. Good Love
  12. 12. Hey Hey Hey Hey
  13. 13. Give It To Me While It's Hot

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT TLC

"TLC waren in den 90ern so wichtig und einflussreich wie Michael Jackson in den 80ern", schreibt der Spiegel 2017, als die verbliebenen zwei Mitglieder …

Noch keine Kommentare