laut.de-Kritik
Gröl-Hymnen und erdige Gassenhauer mit schönen Melodien.
Review von Ulf KubankeNach ihrem Tiefpunkt "Freitag Der 13." hatte ich Tanzwut fast aufgegeben. Finden sie zurück zum Charisma und der musikalischen Substanz früherer Tage? Die Antwort geben sie in Blut. "Schreib Es Mit Blut" erfindet das Genre weder neu, noch fällt es durch besondere Originalität auf. Für eine Handvoll erdige Gassenhauer mit schönen Melodien reicht es gleichwohl.
Konzeptionell ist der mephistophelische Titel Programm. Viele Tracks beschäftigen sich in der einen oder anderen Weise mit den vielfältigen Möglichkeiten, der eigenen Seele verlustig zu gehen. Die Wegstrecke reicht hier von Wiedergängerstories bis hin zum klassischen Pakt mit den Behuften.
Dazwischen gibt es die in deutschem Rock jeder Sparte anscheinend unvermeidlichen Selbstfindungstracks von der Stange ("Steig Ein"). Die überflüssige Sorte Reißbrett-Lebenshilfe, deren Texte von Petry über Haudegen bis hin zu Frei.Wild oder schwarzer Szene immer gleich klingen. Man hat nichts mehr zu verlieren und so.
Erfreulicherweise warten Tanzwut überwiegend mit besseren Stücken auf. Die Arrangements zwischen Rock und Sackpfeife machen deutlich mehr Laune als zuletzt. Der Dudelsack nimmt recht elegant jenen Platz ein, den ansonsten ein Keyboard hätte. Freilich wandelt manche Nummer ("Wer Wir Sind", "Chaos") einen abgezockten Weg zwischen trinkfester Gröl-Hymne und Stromgitarren-Schlager. Innerhalb dieser Limitierung holen sie jedoch das Beste seit langem aus sich heraus.
Teufels raspelndes Organ reißt sich deutlich mehr am Riemen als auf der Vorgängerscheibe. Auch das Songwriting wirkt in weiten Teilen erheblich frischer. Das Titelstück und "Bruder Leichtsinn" etwa erweisen sich als Ohrwürmer der angenehmen Sorte. Auch musikalische Gimmicks, so die Orgel in "Reiter Ohne Kopf", kommen diesmal punktgenau und dienlich aus den Boxen.
Das mit Abstand beste Lied der Platte und womöglich ihr bisheriges Meisterwerk ist das ausdrucksstarke "Stille Wasser". Es fängt als zurückhaltende Ballade an, deren melodischem Strudel man nicht entkommen kann. Die dunkelromantische Ader des Stücks zieht sich angenehm durch die gesamte Spielzeit. Seine Verhaltenheit legt es im Verlauf jedoch ab und schwemmt den Hörer in treibendem Midtempo mit sich hinfort.
Bezeichnenderweise servieren sie das schöne Lied in zwei Versionen. Eine davon im Finale als Duett mit Kitsch-Metal-Chanteuse Liv Kristine (Theatre Of Tragedy, Leaves' Eyes). Ihr stimmlicher Vortrag bleibt für ihre Verhältnisse angenehm dezent. Sehr gut ausgefüllte Nebenrolle. So landen Tanzwut mit "Schreib Es Mit Blut" endlich wieder auf Augenhöhe mit relevanten Kollegen Marke Saltatio oder In Extremo.
3 Kommentare mit 3 Antworten
"Kitsch-Metal-Chanteuse" ? Vielleicht als sie noch Mitglied bei "Leaves´ Eyes" war, aber in "Theatre of Tragedy" hat sie die Melancholie der Songs wunderbar dem Zuhörer näher gebracht.
Bei "Stille Wasser" passen ihre Backing Vocals einfach wunderbar. Ähnlich großartig wie damals das Duett mit "Cradle of Filth" in meinen Augen.
Um der guten alten Zeiten willen:
https://www.youtube.com/watch?v=pGZBc2sRqKY
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Ist das nicht so ein YouTuber?
Ich glaub, der heißt Tanzverbot. Kenn ich zumindest aus dem erweiterten Kreis des Drachengames.
https://www.youtube.com/watch?v=66SrEY0y8Vg
Wat bist du denn fürn Vogel ?? Lange nich mehr so gelacht......