laut.de-Kritik
Flow, Wortgewalt, brachiale Beats - die Heilige Dreifaltigkeit.
Review von Dani Fromm"World dominition - one venue at a time." Bei Strange Music machte man noch nie einen Hehl aus den Absichten. Die Welt will bloß immer noch nicht glauben, dass sie demnächst von Tech N9ne regiert wird. Sie wirds schon noch merken - und dann soll niemand sagen, er sei nicht gewarnt worden.
"He will change everything with one voice", tönte es schon aus "K.O.D." "If that one voice can change one person it can change many. Many can change a city. A city can change a state. A state can change a nation. A nation can change the world."
"One venue at a time" - bei Tech N9ne nimmt das geradezu absurde Ausmaße an: 82 Shows in 85 Tagen umfasst die aktuelle Tour zum Album. "Am I A Psycho" - angesichts dessen, was der Technician No. 1 regelmäßig abliefert, soll die Frage wohl ein Witz sein. Der Kerl ist doch zweifellos nicht ganz dicht!
Wie es Tech N9ne bei seinem Touraufkommen fertig bringt, Jahr um Jahr um Jahr ein fantastisches Rap-Album nach dem anderen unters Volk zu werfen, wird vermutlich sein Geheimnis bleiben. "All 6's And 7's" reiht sich in seine anbetungswürdige Diskografie jedenfalls nahtlos ein.
Okay, vielleicht ist die Fähigkeit zum Sortieren diesmal etwas auf der Strecke geblieben. Die Flut mehr oder minder notwendiger Skits macht Techs neuesten Streich nicht gerade übersichtlicher. Die Armee aufgefahrener Featuregäste trägt zum zerfahrenen Charakter zusätzlich bei. Vielleicht wird auch hier und da ein bisschen viel gesungen. Das wars aber schon, was sich "All 6's And 7's" ankreiden lässt.
So viel Firlefanz wäre gar nicht nötig gewesen. Ein Rapper vom Kaliber und mit der lyrischen Durchschlagskraft Tech N9nes hätte eventuelle Konkurrenz auch ganz alleine von den Füßen geholt. Will er aber nicht. "Aaah-uuuh!" This is Sparta? Nö, this is Strange! Neben nahezu dem kompletten eigenen Stall - darunter, versteht sich, die Brüder im Geiste, Krizz Kaliko, Kutt Calhoun und Big Scoop - ruft Tech N9ne alles zu den Waffen, das gerade greifbar ist.
Die Beteiligung kommerziell erfolgreicher Kollegen wie B.o.B. ("Am I A Psycho"), Snoop Dogg ("Pornographic") Lil Wayne und T-Pain ("Fuck Food") oder der Schulterschluss mit den Deftones-Rockern Stephen Carpenter und Chino Moreno ("If I Could") lassen befürchten, dass die Resultate wahllos in Mainstream-taugliche Urban- oder Gitarren-Gefilde abgleiten. Weit gefehlt. Gelegentliche poppige Anfälle gleichen die Herren Produzenten mit wohl dosierten Anleihen aus dem Dirty South wieder aus.
Das eine oder andere Feature mag Geschmacksache sein, in seiner Gesamtheit bleibt "All 6's And 7's" ein Hip Hop-Album, wie es im Buche steht. Brachiale Beats, die technoide Sounds mit ungebremster Wucht legieren, komplettieren Flow und Wortgewalt zur Heiligen Dreifaltigkeit. "We come in peace, energetic and eager."
Eine ähnlich beklemmende Atmosphäre, wie sie Techs verdrehtes Wunderland stellenweise auffährt, Stimmungen, die an körperliche Erfahrungen grenzen, habe ich zuletzt auf El-Ps finsterem Geniestreich "I'll Sleep When You're Dead" verspürt. "Where am I? How do I get here?", wundert sich jemand im Intro zu "Strangeland". "That's simple, Mr. Yates. You are the creator."
Menschliche Abgründe, Sex, Aggression, Hybris - auch inhaltlich steckt das ganze Spektrum drin. "He's A Mental Giant" - es gibt nicht viele, die sich derlei Narzissmus erlauben können, ohne einer gewissen Lächerlichkeit anheim zu fallen. Wer aber mit Busta Rhymes, Twista, Yelawolf, Ceza und weiß der Himmel, mit wem noch alles, in rasender Geschwindigkeit um die Wette die "Worldwide Choppers" reitet, darf sich auch zum "Cult Leader" erklären. "Technicians worldwide" werden bestätigen: Er ist ja schließlich einer.
"We started in the Midwest. Now we're 'bout to take it all around the world, baby." Glaubt es endlich: Die meinen das ernst mit der Weltherrschaft!
8 Kommentare
Die Review geht klar, das Album ist wirklich herrausragend. Im Jahr 2011 hab ich bisher noch kein besseres Rap-Album gehört.
Aber: Der Herr heißt "Big ScooB(!)".
mal reingehört... und enttäuscht.
Ich dachte es geht um Rap.
Dabei gehts um Plastiksounds, mit Autotune und sonstiges Zeugs.
Wie an anderer Stelle schon erwähnt, ist mir das Album zu sehr auf die FeaturesAusgelegt. Man bekommt von Tech N9ne zu Tech N9ne Album irgendwie immer weniger Tech N9ne.. Weiter fehlt mir irgendwie ein Track mit der Intensität wie sie zB Low erreicht hat. Aber um ehrlich zu sein, hab ich nach KOD und der Seepage EP einfach was ganz anderes erwartet. Irgendwie sperriger, schwieriger und dunkler. Ist kein schlechtes Album, sicher nicht, aber für Strange Music und Techi insbesondere ist es mMn nur durchschnitt. Die besten Strange Music Outputs 2011 sind bis jetzt ganz klar Kalikos S.I.C EP und Lynchs Coathanga Strangla. Ich freu mich aber trotzdem auf das Techi Collabo Album mit Kabosh(Amafrican Psycho), auf das es noch 2011 erscheinen möge.
Noch zu erwähnen bleibt, dass Yelawolf in meinen Augen immer größer wird. Der Junge ist großartig, ich mag diese StillAWhiteBoyFromAlabama gepart mit cooler Stimme und Flow. Ach, und wirklich schöne Review.
Nachtrag : Besteht eig. die Chance, dass ihr Charges of Indictment von Dayton Family zum reviewen erhaltet? Wahrscheinlich eher weniger oder?
Ich war doch ein wenig enttäuscht vom Album. Technik und Länge sind halt doch nicht alles; was Musik angeht
@mobeat (« Dass du El-P damals die 5/5 verwehrt hast, wurmt dich immernoch, oder Dani?! »):
ja.
Tech spricht mich thematisch nicht mehr an, mich nervt auch schon seit Ewigkeiten diese Juggalo-Atmosphaere, die er und sein Label mit sich tragen. Mir ist es eigentlich viel lieber, wenn Koka gesnifft und Negers durch Schulbusse gekloppt werden.