laut.de-Kritik
Conor Oberst und Elliott Smith heißen die Stars - bis jetzt.
Review von Philipp SchiedelAmerikanische Indie-Folk-Stars heißen Conor Oberst oder Elliott Smith. Und definitiv nicht Thao Ngyuen. Bis jetzt.
Denn das, was die gebürtige Vietnamesin auf ihrem zweitem Album mitsamt der Backingband namens The Get Down Stay Down abliefert, muss sich vor jedem noch so amerikanisch klingenden Namen dieser Szene sicher nicht verstecken. Und bevor die Frage kommt: Nein, diese Platte erscheint nicht auf Saddle Creek, sondern auf dem legendären Label Kill Rock Stars.
Das veröffentlichte schon geschmacksichere Musik als sich die Indie-Jünger in Nebraska noch in die Hosen machten. Thao Nguyen ist also in guter Gesellschaft, wenn es um amerikanischen Indie-Rock geht und nutzt ihre Beziehungen gleich mal, um Tucker Martine als Produzenten zu gewinnen.
Dieser nahm eine klassische Folk-Platte auf, deren Drei-Minuten-Songs immer schepprig und doch extrem geradlinig klingen. Obwohl es die Texte vermuten lassen könnten, ist Thao keine Heulerin wie die meisten ihrer Songwriter-Kollegen. Vielmehr verpackt sie ihre oftmals traurige Botschaft in einen durch und durch sympathisch positiven Sound.
Ihre etwas schräge und manchmal quäkende Stimme entwickelt dabei eine ganz eigene Schönheit und nervt niemals auch nur das kleinste Bisschen. Ganz im Gegenteil. Bei dem wunderschönen Folk-Happen "Travel", der gerade mal 1:47 Minuten dauert, stimmt einfach alles: spärliche Instrumentierung, eine einnehmende Stimme und Hook-Lines, die sich sofort tagelang festsetzen.
Das ist kein Grund die Platte gleich als Klassiker zu küren, denn es gibt genügend andere, die das genau so gut und gerne auch besser können. Thao Ngyuen ist vielleicht noch nicht in der Upper-Class angekommen, aber mit diesem Album auf dem besten Weg dorthin.
Während das Debüt noch von ihrem jetzigen Gitarristen aufgenommen und über ein Minilabel in Virginia veröffentlicht wurde, ist "We Brave Bee Stings And All" ihr erster richtig produzierter und vermarkteter Output. Unter diesen Voraussetzungen ist es nur fair, der Dame noch etwas Zeit zur Weiterentwicklung zu geben.
Beispielsweise könnte es dabei um Themen gehen, wie man eine gewisse Verspieltheit reduziert, ohne sie zu verlieren. Oder wie man mehr Songs wie das toll aufreibende "Bag Of Hammers" komponiert. Denn noch versprühen zu viele Stücke auf "We Brave Bee Stings And All" den Charme von Füllmaterial. Deshalb: File under "Artists to watch".
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