laut.de-Kritik
Träge Liebe auf der Hollywood-Schaukel.
Review von Philipp SchiedelIch war zwar noch nie in Austin, Texas aber wenn es dort auch nur annährend so aussieht, wie man sich das beim Hören dieser Kapelle – deren Heimat eben dort liegt - vorstellt, dann kann ich gut darauf verzichten. Trist, staubig und leer müssen die Straßen in der kochenden Hitze sein. Gelangweilt, träumend und abwesend die Menschen.
Wenn man die Musik von The American Analog Set auf ihre Mitglieder projiziert, kann man getrost annehmen, dass die in ihrem Alltagsleben wohl auch nicht ganz ausgelastet sind. Es lebe das Rumsitzen, es lebe das Relaxen. Ihre Musik passt perfekt zu einem einsamen Veranda-Nachmittag mit Gitarre und Bierflasche.
Auf der in die Jahre gekommenen Hollywood-Schaukel vor dem Haus gibt das Amanset einem hippie-mäßig das Versprechen der Liebe. Das hat aber glücklicherweise nichts mit der Blumen-Liebe zu tun, bei der man im strahlenden Sonnenschein durch das knöchelhohe Gras hüpft und mit seiner Liebsten dem Leben frohlockt. Hier geht es eher darum, von seinem Mädel (oder Bub) zu träumen. In den tröpfelnden Regen schauen und an die gute Zeit zu denken, an der man mit ihr durch das Gras gehüpft ist. Nicht umsonst heißt der stärkste Song der Platte "Come Home Baby Julie, Come Home". Gott sei Dank schafft es "Promise Of Love", nicht zur leidigen Heul-Attacke zu verkommen. Es handelt vom positiven Vermissen, von der Vorfreude auf den Tag, an dem man wieder zusammen ist.
Die großen, versteckten Emotionen, getränkt in ausufernde Gitarren-Sphären und Orgel-Gedudel, sind das Parade-Stück der Texaner. Immer noch treten sie mit leisen Tönen und leicht monotonem Gesang auf den alten Pfaden des Indie-Folk. Yo La Tengo und Kumpels saßen wohl schön öfter auf der gleichen Veranda und spielten auch diese wunderschönen und traurigen Akkorde, mit denen sich das Set gerne in zu träumerische Gebiete verirrt, die völlig an einem vorbeilaufen: "You Own Me" oder der Abschluss "Modern Drummer" sind so Kandidaten, an die man sich spätestens nach einer Minute kaum erinnern kann (sofern man überhaupt merkt, dass der Song aufgehört hat).
Es ist sicher nicht alles "Continuous Hit Music", wie der großartige Opener so spöttisch behauptet. Und im Angesicht der Tatsache, dass die Band schon vier doch recht ähnliche Platten veröffentlicht hat, kann man auch nicht von einem Muss-Kauf sprechen. Ein Großteil dieser inzwischen fünften LP der Texaner ist es aber wert geliebt zu werden – man höre sich zum Beispiel nur das herrliche Schlagzeug-Gedresche beim Titeltrack an oder eben diese brillant einfache Melodie in "Come Home Julie". Andererseits hat das Amanset auch das Zeug dazu, völlig nebensächlich und im schlimmsten Falle vergessen zu werden. Aber irgendwie liegt darin ja auch der Sinn solcher Musik.
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