laut.de-Kritik

Beethoven, Mozart und Wagner im Swing-Gewand.

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Welch ein Zufall: Da legte Stray Cats-Kollege Lee Rocker vor nur wenigen Wochen mit "Black Cat Bone" ein gelungenes, neues Soloalbum hin - und nun prescht auch schon Brian Setzer mitsamt Orchester aus der Ruhe vergangener Jahre hervor. Wieder mit einer erprobten Variante bisherigen Schaffens?

Weit gefehlt: Der Rockabilly-Rebel greift zwar gern zu (vermeintlich) vertrockneten Gewürz-Resten für seine Musik-Mühle, doch heraus kommt stets frischer Pfeffer. Doch so einen (sympathisch) an der Klatsche wie mit "Wolfgang's Big Night Out" hatte Setzer noch nie - und: Das Ganze funktioniert prächtig und entpuppt sich als Riesen-Spaßnummer.

Setzer, die Cats, Gitarre, Rockabilly - o.k. Dann kam er auf den Einfall, mit großem Orchester den rüden Rockabilly ein wenig mit Swing zu vermischen, an sich schon eine gewagte Idee, aber mit glänzenden Resultaten eingespielt, wissen wir inzwischen. Nun packt er einen weiteren Part ins Orchestra-Konstrukt - nämlich klassische Musik. Ergebnis: Beethovens Fünfte, Mozarts "Kleine Nachtmusik", Wagners "Lohengrin" und andere werden hier herangeführt an Gretsch-Guitar, Swing-Schmiss und dann und wann beschwingt zwitschernden Chören. Klassik-Puristen werden sich mit Grausen wenden - der erwartungsfrohe Rest hingegen darf allerfröhlichst Party feiern, das deutet bereits das fies-kitschige Cover an.

"Take The 5th", bittet der Meister zu Beginn, und Beethoven legt los - bzw. seine Symphonie erfährt hier eine beswingt-verschönernde Nassrasur. Bereits in den Siebziger Jahren landete Walter Murphy mit seiner Adaption des Klassikers als "A Fifth Of Beethoven" einen Riesenhit - angelegt als Tanz durchs Funk-Wunderland. Den großen Nachtausgang hat Wolfgang Amadeus Mozart mit dem Album-titelgebenden "Wolfgang's Big Night Out". "Honey Man" ist als mit kräftigem Chorgesang versetzte Version von Rimsky-Korsakovs "Hummelflug" angelegt.

Zu Jaques Offenbachs "Can Can" - hier: "Yes We Can Can" - wirbeln die Swing-Röcke frivol durch den Ballsaal. Rossinis "Wilhelm Tell Ouvertüre" wandelt sich zum die Eidgenossen sicher begeisternden "Swingin' Willie". Als Johann Strauß-Referenz grüßt "Some River In Europe", bzw. "An der schönen blauen Donau". Richard Wagners "Lohengrin" und Felix Mendelssohn-Bartholdys "Ein Sommernachtstraum" treffen sich mit dem Brian Setzer Orchestra gemeinsam zu "Here Comes The Broad". Der "Sabre Dance" trifft mit seinem Säbel wie eh und jeh in die richtigen Tanz-Körperteile.

Spaß und Spielfreude sind stets präsent, und die speziellen Arrangements für Brians Rockabilly-Guitar, kombiniert mit schmissiger Swing-Umrahmung im Verbund mit klassischen Themen, bieten so manches Hör-Schmankerl. Ist das nun als harmloser Spaß zu verstehen, oder vergreift sich Setzer einfach nur unangemessen an altehrwürdigen Klassikern? I wo, ich unterstütze gern die These, dass Klassik in gewisser Weise nichts anderes als (auch) die Pop-Musik vergangener Zeitalter darstellt.

So sind Neuinterpretationen und Zitate absolut gestattet, und der Classic meets Pop-Bereich hat da mit z. B. Nigel Kennedy oder Vanessa-Mae ohnehin schon lange seine Stars. Selbst ein Pavarotti selig wucherte ebenfalls gern mit Pop-Pfunden. Und aus einer Seitenecke winkt ohnehin stets Falcos superber "Amadeus". "Big Night Out" ist zwar irgendwie eine Platte der Sorte "Braucht eigentlich kein Mensch" - und macht vielleicht gerade deshalb so viel Spaß.

Trackliste

  1. 1. Take The 5th (Symphony Nr.5)
  2. 2. One More Night With You (Hall Of The Mountain King)
  3. 3. Wolfgang's Big Night Out (Eine Kleine Nachtmusik)
  4. 4. Honey Man (Flight Of The Bumblebee)
  5. 5. Yes We Can Can (The Can Can)
  6. 6. Swingin' Willie (William Tell Overture)
  7. 7. Sabre Dance
  8. 8. For Lisa (For Elise)
  9. 9. Here Comes The Broad (Lohengrin/A Midsummer Nights Dream)
  10. 10. 1812 Overdrive (1812 Overture)
  11. 11. Some River In Europe (Blue Danube)
  12. 12. Take A Break Guys (God Rest Ye Merry Gentlemen)

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