laut.de-Kritik

Lebendige und bewegende Geschichtsstunde.

Review von

Das Projekt "San Patricio" bedeutet Geschichtsunterricht auf musikalischem Wege und präsentiert sich nie trocken oder gar altbacken: Gitarren-Altmeister Ry Cooder und die Irish Folk-Gruppierung The Chieftains haben sich zusammen gefunden, um ein besonderes Kapitel des mexikanisch-amerikanischen Krieges (1846-48) zu erzählen.

Dieser ungewöhnliche Hintergrund mündet in ein ebenso ungewöhnliches Album: sehr reizvoll gestalten sich die musikalischen Kontraste zwischen irischem Folk und typischer mexikanischer Volksmusik.

Irische Sounds zu einer mexikanisch-amerikanischen Kriegsgeschichte? Dazu kurz der Hintergrund: ein amerikanisches Bataillon unter dem Kommando von Captain John Riley ist von der Rechtmäßigkeit des US-Angriffs auf Mexiko nicht überzeugt und wechselt die Front. Diese Truppe besteht größtenteils aus Einwanderen irischer Herkunft, ergänzt von anderen Randgruppen wie Schotten, Polen und Deutschen. Die als 'San Patricios' bezeichneten Männer gelten in mexikanischen Augen noch immer als gefeierte Helden im Kampf gegen einen ungerechtfertigten Überfall. Amerika hingegen bezeichnet den verwegenen Haufen bis heute als Verräter und Deserteure.

Diese Story fasziniert Chieftains-Chef Paddy Moloney von jeher. Ry Cooder gilt als Experte für die mexikanische Musikszene. Eine gemeinsame Zusammenarbeit bot sich also geradezu an. Dabei vermengen sie traditionelles Material mit eigens komponierten Songs, dargeboten von einer ganzen Reihe Musiker verschiedenster Nationalitäten. Das alles macht "San Patricio" zu einem spannenden Schmelztiegel mit besonderer Dramaturgie. Mit Sängerin Linda Ronstadt ist ein weiterer gestandener Gaststar dabei. Sie liefert auf "A La Orilla De Un Palmar" einen eindrucksvollen Auftritt ab. Ry Cooder brilliert auf "The Sands Of Mexico".

Der Zuhörer begibt sich auf eine aufregende Reise: Nach einigen fröhlich anmutenden Songs, in dem die Musiker mexikanische und irische Elemente miteinander verweben, schleicht sich immer mehr die Ahnung einer nahenden Katastrophe ein. Marschtrommeln unterlegen "March To Battle (Across The Rio Grande)". Trotz des lauernden Krieges ist die Stimmung dennoch zumeist hoffnungsvoll und verspielt, mitunter gar heroisch. Dem stehen die mit bewusst konträr gesetzter Nachdenklichkeit gesprochenen Parts gegenüber, für die Schauspieler Liam Neeson gewonnen werden konnte.

Musikalisch kommt hier kein Einheitsbrei heraus, ganz im Gegenteil: der Mariachi harmoniert prächtig mit irischer Lebensfreude, Dudelsäcke und Flöten begleiten mexikanische Tänze. Das ist kein gesichtsloses und vordergründiges Multi-Kulti, sondern eine ehrliche Umarmung zwischen verschiedensten Kulturen. Paddy Moloney über "San Patricio": "In diesen Geschichten geht es weniger um Schlachten und Grenzen, als vielmehr um so zeitlose Themen wie Liebe, Verlust und Träume von besseren Zeiten". Und das gelingt den beteiligten Künstlern auf eindrucksvolle, nachhaltige Weise mitsamt der ewig gültigen Botschaft von der Sinnlosigkeit und des Wahnsinns eines Krieges.

Trackliste

  1. 1. La Iguana
  2. 2. La Golondrina
  3. 3. A La Orilla De Un Palmar
  4. 4. Danza De Concheros
  5. 5. El Chivo
  6. 6. San Campio
  7. 7. The Sands Of Mexico
  8. 8. Sailing To Mexico
  9. 9. El Caballo
  10. 10. March To Battle (Across The Rio Grande)
  11. 11. Lullaby For The Dead
  12. 12. Luz De Luna
  13. 13. Persecución De Villa
  14. 14. Canción Mixteca (Intro)
  15. 15. Canción Mixteca
  16. 16. Ojitos Negros
  17. 17. El Relampago
  18. 18. El Pájaro Cu
  19. 19. Finale

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