laut.de-Kritik

Funkiger Schlafzimmer-R'n'B.

Review von

Odd Future war schon immer mehr als nur Krawallmache, Verbalentgleisungen und Gekotze. Neben Frank Ocean trug dazu besonders eine Gruppe des Kollektivs bei – die mit dem suchmaschinenunfreundlichen Namen The Internet. Syd Tha Kyd und Matt Martians, die Köpfe der Band, haben das ehemalige Duo mittlerweile um vier Live-Musiker erweitert, die die beiden bereits auf etlichen Tour-Stopps unterstützten. Ihrer Version eines geschmackvollen R'n'B-Sounds, den sie auf den beiden Vorgängerplatten nie wirklich konsequent über die Zeit brachten, tut dieser Umstand enorm gut.

"Ego Death" baut erstmals so etwas wie eine eigene künstlerische Identität auf, wodurch sich The Internet mittlerweile nicht mehr "nur" als die smoothe OF-Sidekick-Band definieren müssen. Stattdessen legen sie ein leichtes, poppiges Album vor, das nicht nur mit Funk und Jazz liebäugelt, sondern wie schon neuerdings Chance The Rapper mit The Social Experiment zur gekonnten Symbiose verschmilzt. Angenehm drückende, synthetische Basslines, bouncende Drums, jazzige Gitarrenriffs und Bongotrommeln bilden dabei meist das Grundgerippe, auf dem The Internet ihren verruchten Mitternacht-Mood-Sound kreieren.

"I can read your mind even from behind/ And fuck what's in your phone, lemme take you home, I wanna take you home haucht Syd in "Special Affair" ins Mikrofon und lässt ebenso klar durchblicken, was sich seit der letzten Platte verändert hat. Zuallererst wäre da ihr Songwriting – besonders in Bezug auf den noch offeneren Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung ("Girl/ If they don't know your worth/ Tell 'em you're my girl/ And anything you want is yours"). Mit oft nur kargen Gedankenfetzen erzeugt Syd so eine extrem dichte Atmosphäre zwischen Schlafzimmer und versunkener nächtlicher Autofahrt. Nicht unwesentlich trägt dazu übrigens auch ihr noch gefühlvollerer Vortrag bei, der fast unbemerkt von Ins-Ohr-Flüstern zu Singsang-Gecroone übergeht.

Ähnlich ambitioniert verhalten sich die gut gewählten Featuregäste. Janelle Monae streut im ansteckend groovigen "Gabby" große Melodien ein – ohne Zweifel einer der besten Momente der Platte. Besser wird's nur noch im Zusammenspiel mit dem kanadischen Beatbastler der Stunde: Kaytranada. Der lässt auf "Girl" mal wieder eine seiner funkigen Synthie-Basslines vom Stapel, über der Syd förmlich zu schweben scheint.

Und wie zum Trotz gegenüber den OFWGKTA-Trennungsgerüchten schaut ein bestens gelaunter Tyler auf dem abschließenden Split-Song "Palace/Curs" vorbei, um da weiterzumachen, wo er mit Cherry Bomb aufgehört hat: "Come to my house you can get away/ I got a pool/ A tennis court if you wanna play/ A couple ramps if you wanna skate/ Wings on my back if you wanna fly away".

Mit "Ego Death" gelingt The Internet ein couragiertes Album, das das Kollektiv um Syd Tha Kyd zum ernstzunehmenden R&B-Gespann reifen lässt. Nach den Scheiben von Miguel und Donnie Trumpet (& The Social Experiment) ist "Ego Death" also schon mindestens die dritte großartige Platte der Spielzeit Zwofuffzehn, die sich im R'n'B-Kosmos bewegt. Frank Ocean wird das sicherlich auch mitbekommen haben.

Trackliste

  1. 1. Get Away
  2. 2. Gabby Feat. Janelle Monae
  3. 3. Under Control
  4. 4. Go With It Feat. Vic Mensa
  5. 5. Just Sayin/I Tried
  6. 6. For The World Feat. James Fauntleroy
  7. 7. Girl Feat. Kaytranada
  8. 8. Special Affair
  9. 9. Somthing’s Missing
  10. 10. Partners In Crime Part Three
  11. 11. Penthouse Cloud
  12. 12. Palace/Curse Feat. Steve Lacy & Tyler, The Creator

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