laut.de-Kritik
Auf der Suche nach einem neuen Sound.
Review von Magnus FranzNach einer abermals riesigen Tour im Rahmen ihres 2018er-Albums "Let's Go Sunshine", hatte für die Kooks, besonders für Frontman Luke Pritchard, erstmal oberste Priorität: Verschnaufen. Wenn man jahrelang jedoch nichts anderes als das kräftezehrende Tourleben gewohnt war, ist das manchmal gar nicht so einfach. Deshalb dauerte es nicht lange, bis Pritchard die Idee einer Pause wieder verwarf und stattdessen dem Drang nach neuer Musik nachgab, um kurz nach Tourende direkt die Arbeit an "10 Tracks To Echo In The Dark" zu beginnen.
Vielleicht wären eine Pause und das Aufladen der kreativen Batterien allerdings doch die bessere Entscheidung gewesen. Denn "10 Tracks To Echo In The Dark" leidet als mittlerweile sechstes Kooks-Album vor allem darunter, dass es nie so richtig in Fahrt kommt. Obwohl Pritchard, schwer vom Brexit getrübt, zu Beginn der Aufnahmen nach Berlin reiste und zusammen mit Co-Produzent Tobias Kuhn eine pro-europäische Statement-Platte aufnehmen wollte, die er auch einfach selbst gerne zuhause hören würde, wirkt die Platte mit diesem ambitionierten Vorhaben im Hinterkopf letztendlich doch ziemlich verhalten.
Sinnbildlich dafür steht der uninspirierte Einbahnstraßen-Pop auf "Jesse James". Abseits einer gewohnt souverän ausdrucksstarken Gesangseinlage und einer satten Bass-Line enttäuscht der Song auf ganzer Linie, angefangen mit einem simplen Drum-Machine-Beat, ablenkenden Synth- und Swoosh-Soundschnipseln und einem kurzen, dafür sehr unkonventionell abgemischten Gitarren-Solo. Das lebensbejahende "Beautiful World", das Pritchard an dem Tag schrieb, als er von der Schwangerschaft seiner Frau erfuhr, hat dann wiederum Milky Chance als Feature zu Gast. Daraus resultiert jedoch, dass der Track fast unausweichlich den unaufgeregten, kaum aneckenden Reggae- und Indie-Pop-Sound des deutschen Duos okkupiert, was trotz einer schönen lyrischen Prämisse rein musikalisch eher für Ernüchterung sorgt.
Nichtsdestotrotz hat das Projekt auch seine Lichtblicke. Das Duo aus geradliniger Liebeserklärung im kraftvollen Opener "Connection" und Heilungskraft durch Liebe dieser einen ganz besonderen Person im akustischen Closer "Without A Doubt" bildet einen stimmigen thematischen Rahmen. Beim funkigen "Oasis" wünscht man sich hingegen, dass es die Band nicht nur bei einer Laufzeit knapp zwei Minuten belassen hätte. "Closer" serviert an anderer Stelle wiederum eine bombastisches Popstück mit grandiosem Gesang und facettenreicher Instrumentation rund um Piano, Funk-Gitarren, krachende Drums und entfesselten Bass, das zudem den besten Refrain der Platte bereithält.
"Coming into this album, we wanted to make an album with a youthful, fresh spirit", bekräftigte Pritchard im Januar in einem Interview mit NME, und an vereinzelten Stellen gelingt der Band das tatsächlich auch. Dieser Aussage gegenüber steht jedoch ein oft auch konträres Endresultat, das den Anschein erweckt, als würde es Pritchard als frischgebackener Vater erst einmal gemächlicher angehen lassen und die Band zugleich in selbige Richtung lotsen.
Zwar finden sich immer noch Bruchteile der alten Kooks innerhalb der Songkollektion, wenn auch eher jener Kooks der polarisierenden "Listen"- als jener der geliebten "Inside In/Inside Out"-Ära, doch das einstige Feuer der Band, das auch bei einer künstlerischen Weiterentwicklung oder Neuausrichtung nicht verloren gehen sollte, entflammt auf "10 Tracks To Echo In The Dark" nur phasenweise.
Noch keine Kommentare