laut.de-Kritik
Trotz seines Titels hat das Album Biss.
Review von Daniel StraubStefan Streks alias The Micronaut wächst an der Ostsee auf. Vielleicht rührt daher seine Vorliebe für Bewohner des Wassers. Insbesondere die Fische haben es dem Produzenten angetan. Sein erstes Album nennt er mit "Friedfisch" nach den Fischarten, die sich nicht als Räuber betätigen, sondern sich ausschließlich von pflanzlicher Nahrung ernähren.
Konsequenterweise heißen auch die Tracks auf dem Debütalbum von The Micronaut nach einer ganzen Reihe von schwimmenden Vegetariern. Karpfen, Schleie, Karausche, Rotfeder und Barbe sind nur einige Beispiele dafür. Fast könnte man meinen, es hier mit einem zweiten Dominik Eulberg zu tun zu haben, der mit seinem populärsten Release bekanntermaßen ja gerne durch "Flora & Fauna" streifte.
In dessen Fußstapfen tritt The Micronaut jedoch nicht. Genauso wenig taucht er ab, sondern bleibt dort, wo er festen Boden unter den Füßen verspürt. Und das ist bei den 13 Stücken von "Friedfisch" am ehesten im Club der Fall. Alle Tracks sprechen das Tanzbein mehr oder minder unverhohlen an. Ohne wenn und aber lediglich auf ein Pferd zu setzen, entspricht aber ganz und gar nicht dem Charakter des Musikers Stefan Streks. Auch "Friedfisch" macht da keine Ausnahme. Rund um den clubbigen Drive der Tracks baut er einige unerwartete Sounds und Samples, die wesentlich zu dessen Charme beitragen.
Seine Vergangenheit als umtriebiger Produzent mit einer Vorliebe für beatlose Ambient-Kompositionen klingt auf "Friedfisch" nicht an, genauso wenig wie seine Vorliebe für Gitarrenmusik der härteren Gangart. Der Überraschungseffekt rührt von gänzlich unerwarteter Seite her. "Karpfen" tut alles, um sich in Größe und Proportionen vom Rest des Longplayers abzuheben. The Micronaut sampelt weibliche Choräle, die stark an die vom Schweizer Musikethnologen Marcel Cellier in den 70er Jahren veröffentlichten "Le Mystère Des Voix Bulgares" erinnert. Überraschung geglückt.
Wie der eidgenössische Musikforscher scheint auch Stefan Streks dem Geheimnis der bulgarischen Stimmen erlegen zu sein, denn kurz von Ende von "Friedfisch" greift er das Sample erneut auf und gibt seinem Album so eine thematische Klammer. Unter Produzenten von elektronischer Tanzmusik sucht man eine derartige Wertschätzung des Albumformats häufig umsonst.
4 Kommentare
'Trotz seineS Titels', bitteschön.
das stimmt, da wäre mehr drin gewesen. nichtsdestotrotz ist acker eines der geilsten labels! und btw. bringt ihr auch mal was zu mollono.bass oder so ?
@Catch Thirtythree: Danke! Genau das wollte ich auch gerade schreiben.
Danke, laut Redaktion.