laut.de-Kritik

Artrock mit deutlichen politischen Botschaften.

Review von

The Mute Gods schlagen eine Brücke zwischen progressiven Spielarten und fasslichen Arrangements. Dabei packt Nick Beggs mit den beiden Steve Hackett- und Steven Wilson-Mitstreitern Roger King und Marco Minnemann, deutliche politische Messages in seine Artrock-Tracks.

Als gutes Beispiel dafür dient das Eröffnungsdoppel aus "Atheists And Believers" und "One Day". Der erste Track geht ähnlich wie der fluffige Titeltrack des letzten Albums "Tardigrades Will Inherit The Earth" als Gute-Laune-Nummer mit New Wave-Flair durch, der ein Bluegrass-Dängel-Solo die Krone aufsetzt.

Auf "One Day" haut Alex Lifeson (Rush) in die Saiten. Dieser Track basiert auf der Mantra-artig wiederholten Textzeile "Life is a chemical reaction" sowie einer Akkord-Progression, die deutlich an Nirvanas Überhit "Smells Like Teen Spirit" erinnert.

Beggs hohe moderate Stimme ist der eines gewissen Geddy Lee nicht unähnlich. Dieses Umstands wohl bewusst, jagt er seine Stimme des Öfteren durch einen Verzerrer ("Twisted World In A Godless Universe") oder belegt die Vocals mit Effekten ("Iridium Heart").

Auch textlich wandert das internationale Trio weniger auf eskapistischen denn auf revolutionären Spuren. Ähnlich wie viele zeitgeistkritische Werke jüngeren Datums wie Marillions "F E A R" oder The Tangents "The Slow Rust Of Forgotten Machinery" legt die Band den Finger in die Wunden und knöpft sich Populismus, postfaktisches Gedankengut, machtgierige Politiker sowie frömmelnde, Gedanken fesselnde Glaubensrichtungen vor.

Musikalisch toben sich Beggs und Co. in diversen Sparten aus. Mit dem orchestralen "I Think Of You" im neoklassischem Gewand aus der Notenschneiderei Roger Kings sowie liebevoll gestalteten Bläsersätzen von Rob Townsend klingt das Album friedlich aus. Das funkige "Sonic Boom" schrieb Beggs mit Craig Blundells Drumming-Stil im Hinterkopf. Konsequenterweise spielt das Mitglied der Steven Wilson-Touring-Band auf diesem Track.

Ansonsten hält Marco Minnemann die Sticks fest in der Hand und zeigt in beeindruckender Weise wie man als Schlagzeuger Kreativität, Virtuosität und Songdienlichkeit unter einen Hut bringt. Beggs Fähigkeiten als Bassist zu lauschen verschafft der Platte eine weitere intensive Ebene, die jedem Nachwuchsmucker als Anhörungsunterricht empfohlen ist und klar macht, warum genau dieser Mann bei Könnern wie Wilson und Hackett auf dem Gehaltszettel steht.

Hier liegt auch die größte Crux der Platte. Viele Parts klingen stark nach Wilsons letzten Arbeiten. "Sonic Boom" hat seine Anleihen an "Detonation" oder "Vermillioncore". Auf die Ballade "The House Where Love Once Lived" färbten zahlreiche Aufführungen von "Song Of Unborn" ("To The Bone") sowie "Happy Returns" ("Hand. Cannot. Erase.") ab. Klar, dass auch die Orchesterarrangements und Piano-Parts aus den Händen von Hacketts Haus- und Hofarrangeur King deutliche Reminiszenzen an dessen letzte Platten "The Night Siren" sowie "At The Edge Of Light" aufweisen.

Im Spannungsverlauf liegt das große Plus von "Atheists And Believers". Auch wenn Beggs über seine Vergangenheit mit dem One Hit-Wonder Kajagoogoo nicht immer glücklich zu sein scheint; der New Wave-Charakter vieler Stücke, der augenzwinkernde Gestus der Lyrics sowie eine gewisse Extravaganz im Songwriting tragen dazu bei, dass die Tracks gut ins Ohr gehen und dennoch auf lange Frist wirken.

Trackliste

  1. 1. Atheists & Believers
  2. 2. One Day
  3. 3. Knucklehed
  4. 4. Envy the Dead
  5. 5. Sonic Boom
  6. 6. Old Men
  7. 7. The House Where Love Once Lived
  8. 8. Iridium Heart
  9. 9. Twisted World Godless Universe
  10. 10. I Think of You

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