laut.de-Kritik
Das Motto lautet: Alles auf Disco.
Review von Yan VogelDer Opener "Servants In The Air" führt mit seinem Adrian Smith-Riff und den Steve Harris-Basslinien zunächst in die Irre. Natürlich liegt auch klassischer Metal The Night Flight Orchestra zugrunde. Wie auf "Amber Galactic" und "Sometimes The World Ain't Enough" regiert auf "Aeromantic" auf Albumdistanz der Pop und AOR der Achtziger. Im Gegensatz zu stilistisch ähnlich gelagerten Bands wie H.E.A.T stimmt hier jedoch die Produktion, die zumindest den analogen Anschein wahrt.
Das Motto lautet: Alles auf Disco. Respekt gebührt an dieser Stelle Schlagwerker Jonas Källsbäck, dessen Hi Hat-Spiel vor Finesse nur so sprüht. "Aeromantic" gibt bislang den besten Albumtitel des schwedischen AOR-Zirkus. Der Titelsong springt in Pirouetten und im "Flash Dance"-Style über die Tanzfläche und streckt selbst "I Was Made For Loving You" von Kiss die Schlabberzunge raus.
In "Transmissions" verschmelzen Melodie- und Textfragmente des Eurythmics-Welthit "Here Comes The Rain Again" mit dem pulsierenden Rhythmus von Giorgio Moroders Oscar-prämierten Soundtrack zu "Midnight Express". Am Horizont des Tracks taucht dann noch eine Geigen-Elegie auf, gespielt von Big Big Train-Mitglied Rachel Hall. "Taurus" nimmt Foreigner zu "4"-Zeiten auf die Hörner.
In der Ballade "Golden Swansdown" hauchen die Synthies und schmachten die Backings von Agnetha und Anni-Frid ... tschuldigung von Anna und Anna-Mia. Gerade die Hook-Heiligtümer von ABBA, auf die bekanntlich Prog-Könner wie Steven Wilson und Mikael Åkerfeldt schwören, haben ihre Spuren hinterlassen, insbesondere auf den Tracks "If Tonight Is Our Only Chance" und "This Boy's Last Summer". Beim shuffeligen "Curves" wehte eindeutig der Geist von Toto durchs Oberstübchen von Songwriter David Andersson.
"Divinyls" beeindruckt auf zweifache Weise. Als hochenergetische Melodien-Bombe, bei der Synthies und Gitarren gleichermaßen kreativ klingen. Daneben gibt es noch ein wundervolles Video, in dem zwei Eiskunstläuferinnen einen Wettkampf austragen. Von ihren Trainern angetrieben - einen der beiden Drill-Instructors mimt übrigens Sänger Björn Strid - verlieren die beiden Grazien plötzlich die Lust am Konkurrenzprinzip. Sehr zum Leidwesen der strengen Schleifer tanzen sie zusammen und geben einen feuchten Kehricht auf den ersten Platz.
Nach "Taurus" erfährt die Platte einen Bruch. "Carmencita Seven" oder "Dead Of Winter" zerfasern unnötig in ihrer Struktur und bieten wenig Halt in ihren Hooks. Vielleicht tritt hier auch der Überdruss zutage. Denn sind wir mal ehrlich. Melodic Rock in der hier dargebotenen und historisch überaus treffsicheren Form gehört auch auf eine Vinyl und deren Länge ist begrenzt auf vierzig Minuten.
3 Kommentare
5/5 easily
Song Nummer Zwei ist ein verdammter Hit und danach kommt immer wieder der gleiche langweilige Müll, der, das muss man fairer weise sagen, aber auch nicht furchtbarer ist als die Orginale. Ganz ganz schlimm und wie gemacht um auf den Metal-Festivals ironisch zu Disco-Mukke hart zu "rocken"!
die 2021 Aeromantic II verdient sich sowas von eine Review - allein die Kombo aus Midnight Marvelous und White Jeans ist absurd gut