laut.de-Kritik
Wenigstens kann man diese beknackte Frisur nicht hören.
Review von Deborah KatonaWarum macht es Lauri der Menschheit so unglaublich schwer? Wie soll man den schrägen Vogel nur ernst nehmen? Und Vogel ist hier wirklich wörtlich gemeint. Was sollen diese Indianerfedern im Haar? Da fällt es um so schwieriger, die Musik der Finnen als seriös anzusehen. Dabei blicken The Rasmus auf eine beeindruckende Karriere zurück. Bereits seit 1994 besteht die Band, hat bisher sieben Alben veröffentlicht und über vier Millionen Tonträger verkauft.
Die Gerupftes-Huhn-Frisur, auf der Homepage übrigens als "symbolisch wie stylisch" bezeichnet, mal außer Acht gelassen: Warum bringt man The Rasmus stets eher mit Langeweile und Einheitssoße in Erinnerung als mit gut gemachter Musik? Bezeichne man diese nun als Pop oder Powerrock oder doch böse anmutenden Death Pop nach dem Wunsch von The Rasmus.
Es könnte daran liegen, dass die Songs allesamt soft genug sind fürs Nachmittagsprogramm im Radio. Und auch so dermaßen massenkompatibel, dass sie immer und immer und immer und immer und immer wieder gespielt werden. Wirklich immer wieder. Von "In The Shadows" über "Livin' In A World Without You" bis hin zum Stotterer "F-f-f-falling". Man hat das alles schon gefühlte 1000 Mal gehört. Denn die Songs laufen eben nicht nur auf jedem Sender, sie klingen auch noch so verdammt ähnlich.
Der Track mit Nightwish-Sängerin Anette Olzon soll den faden Indianereintopf wohl ein wenig würzen. Doch "October & April" ist weder Salz noch Pfeffer noch sonst irgendetwas außer bitterem Schmalz. Geschmack(s)loser bekäme es selbst die Volksmusiksparte nicht mehr hin.
Von Ach-Du-Schreck-Weihnachtskirchenglockengebimmel begleitet dudeln der nicht wirklich finstere Lauri (= Oktober) und die erblondete Anette (= April) eine kitschige Ballade mit billigstem Drumeinsatz, langweiliger Melodie und wenig Textkreativität: "Like hate and love/ World's apart/ This fatal love was like poison right from the start." Fatal und giftig kann eben nicht nur die Liebe sein, auch der Song übt sich darin.
Besser gefallen da andere. Zwar wirken sie genauso hymnenhaft und eingängig, aber doch liebevoller gestaltet, so beispielsweise "First Day Of My Life" und vielleicht noch die Akustikversion von "Open My Eyes". Beim "Funeral Song" imponiert Lauris klare Stimme mit den heiseren, rauen Einsätzen. Auch die schöne, gelungene Melodie und die Streicher passen dazu.
Dennoch wirkt die Zusammenstellung wie die Musik übertrieben theatralisch. Die ständig mitklingende Melancholie mag Fans der Finnen trösten, doch müssen The Rasmus dies immerzu so preziös und schmalzig vortragen?
"Remember when I swore/ My love is never ending/ And you and I will never die/ Remember when I swore/ We had it all." Fürs Radio taugte "Sail Away" bisher genauso wie die anderen Songs der "Best Of" es tun (werden). Da muss man dann wenigstens diese beknackte Frisur nicht sehen.
48 Kommentare
Yes, das Beste aus 8 Jahren - muss ich haben.
Welches Beste?
Na all die tollen Lieder, Mensch! Die rocken deftig. Sehr eigener Stil, total faszinierend.
Erfurcht, Siefurcht, Esfurcht - das ist mir schnuppe. Viel wichtiger als der IQ sind sowieso emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz. Bei meinen nachgewiesen erstklassigen Werten in jenen Kategorien ist Ehrfurcht wahrlich angebracht. Allerdings nicht vor mir. Vor meinen Eltern, die mich geschaffen.
Mor ve Ötesi ist übrigens eine feine türkische Band, sehr zu empfehlen.
Bevor ich mir Hüllja-Musik gebe, höre ich lieber noch The Rasmus ...
Was ist denn Hüllja-Musik?