laut.de-Kritik
Portugal. The Man und Fall Of Troy stehen Pate.
Review von Matthias MantheEs ist mutmaßlich ein Zeichen unserer Zeit, dass Eindeutigkeiten insbesondere in popkultureller Sicht quasi abgeschafft worden sind. Der überdehnte Begriff des Postmodernen zirkuliert heute überall dort, wo die Rezipientenseite nicht auf ihr althergebrachtes Vokabular zurückzugreifen vermag - ein mittlerweile fast pausenloses Sub-Ereignis, scheint es.
So ungreifbar allerdings wie das Konzept der vorliegenden Gruppierung sind Kunsterzeugnisse bis dato noch selten. Weder handelt es sich um eine Line Up-Band im Wortsinn, eher um ein nach allen Seiten offenes Kollektiv, noch geben sich die jeweils aktuellen Mitglieder zu erkennen. Mit Tiermasken getarnt, mit Tiernamen ausstaffiert, probiert man sich im weiten Feld der gitarrenbasierten Musik.
Aufgrund der Nachrichtensperre nach außen gedrungen ist dabei lediglich das, was sowieso unüberhörbar ist. Fans haben an Gesangsstimmen und Instrumenten Gesandte aus dem Emo/Post-Hardcore-Umfeld ausgemacht: Circa Survive-, The Autumns- und Rx Bandits-Mitglieder bilden demnach derzeit die Gemeinde, die von Rich Balling (ebenfalls Rx Bandits) geleitet und arrangiert wird.
Wie aufgrund dessen zu erwarten, gleicht das dritte Album seit 2004 einer Akkumulation hoher Equal Vision-Standards. Neben genannten werden im Verlauf diverse weitere EV-Acts referiert: "Heraldic Beak" passt samt seiner feinen Dynamikwechsel präzise in den leeren Raum zwischen The Fall Of Troy und Coheed And Cambria, und das Titelstück schrieb Balling wahrscheinlich mit derselben Feder, die auch Portugal. The Man benutzen.
Letztere mögen auch für den Gesamteindruck Pate gestanden haben. Grundsätzlich in artsy bis groovy Rockismen verhaftet, versteigen sich die vielschichtigen Songs regelmäßig in Postcore-Gefilde. Besonders imposant gelingt das im Black Sabbath-Tribute "I, The Swan". Erst im letzten Albumdrittel lehnen sich die anonymen Herrschaften zu weit aus dem Fenster.
Um die kryptischen Kakophonien "Uzbekistan" und "Blessings" zu goutieren, braucht es schon viel guten Willen. Zu sehr scheint durch, dass hier Omar Rodriguez-like sämtliche Instrumentalisten getrennt ins Studio gebeten und hiernach mit- und umeinander geschichtet wurden - womit wir wieder beim postmodernen Dilemma wären. Nichtsdestotrotz ist Ballings Dirigentschaft Garant für ein relativ genreunspezifisches und dramaturgisch sehr gelungenes Werk.
1 Kommentar
Wenn ihr schon The Sound Of Animals Fighting bewertet könnte ihr euch mal Circa Survive oder Anthony Green's Solo Album anhören. Wirklich sehr empfehlenswert. Ich denke die Reviews würden außerordentlich positiv ausfallen.