laut.de-Kritik
Neuanfang zweier bemerkenswerter Starrköpfe.
Review von Gurly SchmidtMir kommen die Tränen oder "Here Come The Tears": Die Wiedervereinigung Brett Andersons und Bernard Butlers, den beiden Köpfen, die die überwältigenden Suede hervorbrachten! Kraftvoll, motiviert und selbstbewusst wagen sie das Undenkbare, schicken sie ihr "Debüt"-Album ins Rennen und knüpfen doch nahtlos an ihr vormaliges gemeinsames Konzept an.
Butlers Gitarre spielt gewohnt herzerweichend wie in frühen Tagen, die Harmonien umschmeicheln die verwöhnten Ohren des aufmerksamen Hörers, und die Arrangements der Stücke sind fast alle ein wenig zu bombastisch, was ihrer künstlerischen Schönheit jedoch keinesfalls schadet.
Und, ja, Brett kann endlich wieder singen, wie er nicht zuletzt im finalen Stück "A Love As Strong As Death" eindrücklich beweist. Und das ist das Allerwichtigste, ruft man sich erschrocken seine kratzige Stimme vom letzten Suede-Album "A New Morning" ins Gedächtnis ...
Die Lyrik erlaubt mit kurzen Momentaufnahmen Einblicke in ein Leben auf der Flucht: Von leidenschaftlicher Liebe und der tiefen Suche nach ihr, vager Deplatziertheit des eigenen Ichs in einer Welt voller Autogrammjäger, Irrenhäuser und der kollektiven Anbetung verblödeter "Berühmtheiten". Anderson weiß immer noch genau, wie die Schlichtheit der Worte und Reime durch das simple Anreißen einer Idee eine Tiefe erreicht, die eben nur diejenigen begreifen, die im Widersinn des schönen Schmerzes ("Beautiful Pain") die Romantik von (britischen) Polstermöbeln erkennen (... your feet don't belong near my upholstery ... - "Apollo 13").
"Here Come The Tears" ist in Text und Musik wahrlich nichts Neues, aber ein Neuanfang zweier bemerkenswerter Starrköpfe, die sich wiederfanden, um gemeinsam den Spaß an schöner Musik neu zu entdecken.
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