laut.de-Kritik
Die Emocore-NuMetal-Rakete zündet nicht so richtig.
Review von Dominik KrausSie sind jung, sie sind wild und sie sind echt echt. Sie haben Sex mit Mitgliedern der Familie Osbourne, etliche Drogenerfahrungen und Löcher in den Schuhen. Sie sind das neue heiße Ding aus Salt Lake City, Utah, USA - sie sind The Used. Nicht einfach für eine Viererbande zorniger junger Männer, wenn ihr Debutalbum allseits mit solcherlei medialem Getöse angekündigt wird.
Völlig klar, dass sie sich erstmal dem Hypevorwurf, der dann so sicher kommt wie der Regionalligaabstieg für den KSC, dadurch zu entziehen versuchen, indem sie beteuern noch nie im Leben was von den Bands gehört zu haben, mit denen sie ständig verglichen werden. Nein, die interessieren uns alle nicht, wir sind sowieso völlig anders (logo). Doch auch wenn sich die gebrauchten Burschen verständlicherweise mit Händen und Füßen dagegen wehren, in den omnipräsenten Emocore-NuMetal-Kontext eingeordnet zu werden, die Bemerkung muss erlaubt sein, dass sie nicht wirklich völlig anders klingen als die P.O.D.s und Linkin Parks dieser Welt. Und hey, was solls? Das macht die Sache schließlich nicht besser oder schlechter als sie nunmal ist.
Außerdem gabs auch schon in früheren Zeiten Bands, die so ähnliche Mucke rausgeballert haben, wie beispielsweise die fantastischen Bad Yodelers (sic!) - remember? Wohl kaum. Denn damals war die große (MTV-) Welt für solcherlei Gitarrengeschichten noch nicht bereit. Heute jedoch ist sie es und da kommen The Used gerade recht. Fett produziert, mit routiniertem Songwriting und ausgefeilter Gitarrenarbeit bewehrt, müssen sie den Vergleich mit genannten und ungenannten Bands vergleichbarer Couleur wahrlich nicht scheuen. Dazu gesellen sich in den ruhigen Momenten der recht runden Scheibe auch noch richtig gute Harmoniesächelchen, von daher alles geht alles klar. "Objektiv" betrachtet.
Meinem Hardcore-Herzen von '92 sind dann allerdings die vermeintlich harten Parts ein kleiner Dorn im Ohr. Vor allem, wenn Bert McCracken sein allzu jugendliches Organ erhebt und anfängt, plakativ-expressiv-agressiv rumzuschreien, wie ein angry young man der neuen Schule halt üblicherweise so schreit, tja, dann zündet die Rakete leider nicht so richtig. In den besseren, harten Momenten geht es zwar irgendwie ein wenig Richtung Refused (Herr Schiedel: Kann man das so sagen?), weil die Drums und Gitarren schon ganz ordentlich vor sich hin moshen, aber meistens klingt das Gebrettere, sagen wir mal, uninspiriert. Und auch seltsam glatt und nicht gaaaanz unique.
Schade auch deshalb, weil McCracken eigentlich ein guter Sänger ist. Vor allem, wenns dann in Richtung "NuMetal-Rockhymne" geht offenbaren The Used ungeahnte (ungewollte?) "Stadion-Core"-Qualitäten. Doch dann schreit Herr McCracken wieder ein bisschen rein ... ist ja auch ne böse Welt hier drausen. Und wenn die Jungs mal ganz ehrlich sind, ein paar Songs sind schon auf (Hit-)Single produziert. Oder schreit der "Taste of Ink" etwa nicht nach einem schicken und ausdrucksstarken Video, gerne auch mit ein zwei "freien Oberkörper"-Szenen?!
Aber auf einem guten Rockalbum müssen ein paar Hits sein und The Used haben halt ein sicheres (Gitarren-) Händchen für catchy Refrains. Gutes Kunsthandwerk, Mitsingfaktor 10 inklusive. Langer Rede kurzer Sinn: Gutes NewRockMetalPopCore-Album mit Hitpotential bei MTV, das vielen Hörern vermutlich sehr viel besser reingehen wird als mir, dem altbackenen Hardrockfuzzi der alten Schule.
Noch keine Kommentare