laut.de-Kritik

Der sonnige Poprock alter Tage blitzt dezent ironisch durchs Grau.

Review von

Sechs Jahre lang – im Business eine halbe Ewigkeit - hörten Fans und Sympathisanten nichts Neues von Third Eye Blind. Vereinzelte Interviews und Gerüchte um die letzte Veröffentlichung im Albumformat kreiselten durchs Netz. Man wolle sich in Zukunft auf den ad hoc-Release einzelner Songs konzentrieren, so Sänger Stephan Jenkins. Mit einem an drei Stellen runderneuerten Line-Up nimmt das Quintett nun ein möglicherweise letztes Album in Angriff - nur noch Drummer Brad Hargreaves bleibt aus der Neunziger-Phase übrig.

Die Discokugel von einst hängt verstaubt im Schrank, die Schreie der Fans verhallen mehr und mehr. Melancholie, wohin das Ohr auch reicht. Der Sonnen-durchtränkte Poprock vergangener Tage blitzt dezent ironisch durchs Grau. Mehr aber auch nicht. Etwas, das die Arkells mit ihrem kanadischen Lokalkolorit und dem Händchen für unterschiedliche populäre Genres derzeit referentiell beherrschen.

"Dopamine" nennen die 90er College-Kings ihr neues Werk. Dabei klingt die Platte gar nicht nach einem Glücksmacher oder nach motivierender Musik, sondern nachdenklich und zurückhaltend.

Während die Gitarren auf Ursa Major dominierten, zeigen sich hier Beats, Elektronik und Saitenwerkzeug in kuscheliger Stimmung. Die Musik evoziert in Gedanken weniger einen verschwitzten Abend im Rockclub, als Zeitlupen-Zappeln im Stroboskob-Licht.

Schließlich hat Sänger Jenkins jüngst die 50 überschritten. Da findet die Halligalli-Party nur noch in gedämpfter Atmosphäre statt. Bestes Beispiel sind die zentral platzierten "Back To Zero" und "Something In You".

Referenzen in Song und Sound sind U2, The Cure und Arcade Fire, wobei man nicht an deren glorreiche Momente heranreicht. Gute Songs wie "Everything Is Easy", "Shipboard Cook", "Dopamine" oder "All These Things" verbinden Melodien, stimmige Sounds und flüssiges Songwriting.

"All The Souls" hingegen beginnt als Singer-Songwriter-Nummer mit Sufjan Stevens-Hook, zerfasert dann mit unnötig krächzigem Falsettgesang. "Get Me Out Of Here" in seiner szenischen Anlage klingt wie ein Musical-Potpourrie und bringt die Zerrissenheit des alternden Rockers auf den Punkt. Unnötige Längen am Ende trüben das Gesamtbild ein wenig ("Blade", "Say It").

Dennoch melden sich Third Eye Blind mit einem guten Album zurück, dem man die lange Zeit des Entstehens und die damit einhergehende Reflexion des eigenen Sounds im positiven Sinne anmerkt.

Trackliste

  1. 1. Everything Is Easy
  2. 2. Shipboard Cook
  3. 3. All The Souls
  4. 4. Dopamine
  5. 5. Rites Of Passage
  6. 6. Back To Zero
  7. 7. Something In You
  8. 8. Get Me Out Of Here
  9. 9. Blade
  10. 10. All These Things
  11. 11. Exiles
  12. 12. Say It

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Third Eye Blind

In San Francisco gründet Leadsänger und Gitarrist Stephan Jenkins Anfang der 90er gemeinsam mit Drummer Adrian Burley und Bassist Jason Slater die Band …

Noch keine Kommentare