laut.de-Kritik

Wie ein ausgiebiges Bad in einer Bierpfütze.

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Sieben Jahre haben sich Throwing Muses für ihr zehntes Studioalbum "Sun Racket" Zeit gelassen. Ginge es nach den Ostrockern von Karat, dürfte sich das Alternative-Trio aus Rhode Island nun auf den hellen Schein freuen. Doch Pustekuchen, Sängerin Kristin Hersh verschwindet ein weiteres Mal in den Tiefen des Ozeans und besingt die Schattenseiten des Lebens: "The bridge collapsing, the water waiting, who’s saving us?"

Die 54-Jährige fühlt sich, wie ihre charismatische Stimme klingt: angeschlagen, zerbrechlich, stellenweise sogar schmerzerfüllt. Das passt zur Gitarrenmusik, deren durchgängiges Merkmal die Lautstärke ist. Auf dem Vorgänger "Purgatory/Paradise" von 2013 setzte die Band noch auf Hochglanzproduktionen. "Sun Racket" badet wieder in Bierpfützen. Damit schließen Throwing Muses an ihre künstlerische Hochphase in den Neunzigerjahren an.

Die Band lässt keinen Zweifel daran aufkommen, aus welcher Zeit sie stammt. Schon der Opener "Dark Blue" überrollt mit Grunge-Gitarren. Kaum ein Stück kommt ohne verzerrte und/oder übersteuerte Saiteninstrumente aus. In "Frosting" bauen sich die Gitarren langsam zu meterhohen Wellen auf, die mit ihrem herrlich ohrenbetäubenden Klang alles herunterziehen. Auch Hershs brüchiges Organ hält sich nur mit Mühe an der Oberfläche. Ähnlich rabiat drückt sich der brummige, fast schon kratzige Bass in den Vordergrund.

"Sun Racket" besitzt einen roten Faden, den Hershs Stimme und die Gitarrenarbeit ziehen. Doch erst wenn unerwartete Elemente die Musik verfeinern, wird es richtig spannend. Percussions in "Milk At McDonald's" erzeugen Groove, gesampelte Drums in "St. Charles" einen modernen Vibe und ein Piano in "Sue's" so etwas wie Melancholie.

Altmodisch oder überholt klingt "Sun Racket" tatsächlich nicht. Kein Wunder, denn Throwing Muses fielen schon vor 30 Jahren aus dem Rahmen. Refrains gehören auch 2020 nicht zwingend zur Grundausstattung eines Songs. Ungewöhnliche Strukturen bereiten dem Trio deutlich mehr Freude. Lässt sich Hersh in "Bywater" dann doch zu einem "lalala"-Kehrvers hinreißen, gilt das schon als kleine Sensation.

"I don't regret a single drop of alcohol", fasst Hersh in "Milk At McDonald's" ihre Beziehung zum flüssigen Nervengift zusammen. Katermusik klingt trotzdem anders – vermutlich ruhiger. "Sun Racket" überzeugt mit zehn Liedern, die scheppern, als wäre es wieder 1993.

Trackliste

  1. 1. Dark Blue
  2. 2. Bywater
  3. 3. Maria Laguna
  4. 4. Bo Diddley Bridge
  5. 5. Milk at McDonald's
  6. 6. Upstairs Dan
  7. 7. St. Charles
  8. 8. Frosting
  9. 9. Kay Catherine
  10. 10. Sue's

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