laut.de-Kritik
Radikal und romantisch, cool und völlig out of space.
Review von Deborah KatonaGleich zu Beginn versuchen sich die Trailer Trash Tracys zu positionieren. Denn man ist anders, man ist individuell, man hat keine Angst vor schrägen Tönen und davor, den Zuhörer in die Flucht zu schlagen. Man ist genervt vom ganzen Indie-Gedöhnse und sowieso ja nicht dort einzuordnen. Man ist "Kung-Fu", ein Genre, das TTT sich selbst zu geschrieben haben. Denn wären sie ein Film, dann bitte schön ein Kung-Fu-Film.
Versucht die Londoner Band also von vorne herein, möglichen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen? Ihr Name jedenfalls spricht dafür. Wenn man sich so schrecklich wie nur möglich benennt – dann kann man mit der Musik eigentlich doch nur positiv auffallen, oder? Das Album "Ester" hat reichlich wenig mit Trash zu tun. Was den Namen angeht... Nun ja.
Abgesehen davon bringt das Quartett noch allerlei Kuriositäten mit auf den Spielplan, um seinem Image als Londoner Avantgardisten alle Ehre zu machen: angeblich haben sie ihr Album auf Solfeggio-Sequenzen aufgebaut (glaub mir, du willst gar nichts Genaueres darüber wissen). Sie versuchten sich mit einem Tier-Orchester (was zur Hölle) und haben sich mit Sufi-Poesie auseinander gesetzt (glaub mir, darüber willst du auch nichts Genaueres wissen).
"Ester" beginnt mit "Rolling - Kiss The Universe" sehr experimentell und schräg. Ein bisschen Bass hier, ein paar disharmonische "Ahhhs" da, Schlagzeug und sphärische Sounds – TTT starten jammig. Dies löst sich dann aber in wohlklingendere Töne auf. Mit "You Wish You Were Red" ist den Trailer Trash Tracys eine Nummer gelungen, die bereits vor der Albumveröffentlichung Aufmerksamkeit erregte. Die beiden Songs zeigen bereits, was man von "Ester" weiterhin erwarten kann: psychedelische, experimentelle Klänge, melodisch, teils melancholisch. Etwas verträumt, irgendwie romantisch, aber doch ziemlich verführerisch.
Trailer Trash Tracys arbeiten mit immer gleichen Bassläufen, Drums und ein paar Gitarrenzupfern. "Dies in 55" basiert auf einer kurzen Orgel-Abfolge. "Strangling Good Guys" macht es nicht viel anders, klingt aber weit aus positiver und wartet gegen Ende mit einem interessanten Melodie- und gleichzeitig Stimmungswechsel auf. Leichter Hall auf Suzannas Stimme findet als Stilmittel häufig Verwendung, so unter anderem beim sehr reduziert gehaltenen Song "Turkish Heights" oder dem Ersten aller TTT-Tracks "Candy Girl".
Suzannas Gesang liegt immer wieder mal eine Spur daneben, zu hören beispielsweise bei "Engelhardt's Arizona". Nennen wir es gewollt und Avantgarde, denn nichtsdestotrotz schafft es die Sängerin, dich so sehr einzulullen, dass du den Übergang zum nächsten Song teilweise fast verträumst.
"Ester" - ein Album zwischen irre heiß und monoton, zwischen radikal und Romantik, zwischen Coolness und völlig Out-Of-Space. Wie man die Musik der Truppe auch findet – diese Mischung muss den Trailer Trash Tracys erst mal jemand nachmachen.
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