laut.de-Kritik

20 Jahre nach "Apocalypse Dudes" ist der Lack ab.

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Im Februar 1998 ließen Turbonegro mit der Veröffentlichung ihres Meilensteins "Apocalypse Dudes" die ultimative Deathpunk-Bombe platzen. Kurz vor der Jahrtausendwende hatten es die verrückten Norweger endlich geschafft: Tausende Turbojugend-Jünger zogen hinaus in die weite Welt und verbreiteten die Kunde vom Sound-Siegeszug der Herren Seltzer, Schreiner, von Helvete und Co. Zwanzig Jahre später ist der Lack allerdings ab. Konnte die Band vor sechs Jahren mit dem Debüt des Hank von Helvete-Nachfolgers Tony Sylvester noch einige Ausrufezeichen setzen, sucht man heute vergebens nach kraftvollem Rotzrock à la "I Got A Knife" oder "Tight Jeans, Loose Leash".

Mit glitzernden Synthie-Effekten, verzerrten Sci-Fi-Vocal-Parts und dem gängigen Drei-Akkorde-Baukasten im Gepäck hängen Turbonegro irgendwo zwischen Festivalbühne und Garagen-Podest fest. Der penetrant in Richtung 80s-Puff-Punkrock schielende Sound ist noch das kleinste Übel. Wesentlich schwerer wiegt die Einfallslosigkeit, mit der sich die einst so brillante Combo immer wieder selbst in den eigenen Schwanz gebissen hat.

Der Titeltrack klingt wie eine Bundfalten-Version von "T.N.T.", das monoton galoppierende "Skinhead Rock And Roll" wäre gerne der große Bruder von Van Halens "Jump", hüpft aber nicht mal über die Kleine-Schwester-Hürde. "Hot For Nietzsche" heftet sich zu Beginn an die Fersen von "The Age Of Pamparius". Wird am Ende doch noch alles gut? Pustekuchen. Ein langweiliges, sich permanent im Kreis drehendes AC/DC-Riff später, schaltet man abermals auf Durchzug. Und dann wird auch noch auf den "Get It On"-Gedenk-Button gedrückt ("Let The Punishment Fit The Behind"). Auweia.

Mal abgesehen von den beiden Überholspur-Rockern "Hurry Up And Die" und "On The Rag" stottert es in der "Rock'n'Roll Machine" wie in einer alten Kaffeemaschine. Mag sein, dass der eine oder andere "Turbojugend"-Kuttenträger dennoch beide Daumen nach oben reckt. Es ist ja immer noch irgendwo Punkrock – halbwegs rotzig und drollig. Aber ohne Kutte und rosarote Fan-Brille drückt man hier doch viel zu oft auf den Skip-Button. Leider.

Trackliste

  1. 1. Chrome Ozone Creation (The Rock And Roll Machine Suite Part I)
  2. 2. Part II: Well Hello
  3. 3. Part III: Rock'n'Roll Machine
  4. 4. Hurry Up And Die
  5. 5. Fist City
  6. 6. Skinhead Rock And Roll
  7. 7. Hot For Nietzsche
  8. 8. On The Rag
  9. 9. Let The Punishment Fit The Behind
  10. 10. John Carpenter Powder Ballad
  11. 11. Special Education

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