laut.de-Kritik

Wenn Elben auf Ecstasy den Musikantenstadl überfallen.

Review von

Was passiert, wenn ein paar partywütige Hobbits nach Bruchtal schleichen und den Elben Ecstasy, Viagra und andere lustige Substanzen ins Lembasbrot mischen? Zum Glück drücken ein paar Schweden regelmäßig auf "REC", um das für uns zu dokumentieren. Dauergeil reiten die Spitzohren auf ihren Drachen los, überfallen den mittelerdschen Musikantenstadl und bilden sich dabei ein, sie flögen durch eine wundersame Parallelwelt. Zum mittlerweile dritten Mal strapazieren Twilight Force so unsere Nerven.

"Dawn Of The Dragonstar" ist die volle Overload-Dröhnung kitschigen Power Metals. Vergesst Hammerfall, vergesst Avantasia. Das hier ist next level shit. "Wir sind die Kristallträger, die prophezeiten Retter der Twilight Kingdoms und die Überbringer von ewiger Hoffnung und arkaner Lichtkraft", sagt die Band über sich selbst. Am Ende dieser Platte wirken selbst DragonForce wie relaxte Balladenbarden.

Mein Feindbild Nummer 1 auf "Dawn Of The Dragonstar": Drummer De'Azsh, eigentlich Daniel Sjögren. Von Dynamik hat der anscheinend noch nie etwas gehört. Er knüppelt einfach drauf los, Hauptsache laut, schnell und mit Doublebass. Seine Kollegen können wahrscheinlich gar nicht anders als ebenso undynamisch ihr Griffbrett auf und ab zu wedeln.

Geschwindigkeit allein macht freilich noch keine Epik. Dafür braucht es Chöre und Trompeten, die von Mittelerde scheinbar direkt in eine Galaxy far, far away abheben wollen ("Thundersword"). Es braucht Chimes, die so omnipräsent durch die Arrangements klirren, als stünde The Bruce Dickinson an der Seitenlinie und würde nach mehr verlangen, und Eierkneifgesang von Mikroneuling Allyon.

"Die arkanen Mächte in seiner Stimme lassen die Grundfesten der Realität erzittern." Ja, ich glaube auch. "Wir werden jene ereignisreiche Nacht, in der Allyon von arkaner und uralter Magie direkt vor unseren Augen heraufbeschworen wurde, nie vergessen." Nein, GANZ sicher nicht. Der von Luca Turilli's Rhapsody bekannte und bürgerlich Alessandro Conti getaufte Sänger bewirbt sich als stimmliches Äquivalent zum Regenbogen scheißenden Einhorn. Würde man eine Horde Orks schicken, um den Trara ein Ende zu bereiten – Allyon brächte ihre Köpfe mit einem bloßen Schrei zum Platzen.

Einzelne Songs herauszugreifen fällt schwer, denn durch die übermotivierte Performance – im Grunde ein nie endender Klimax – verschwimmt alles zu einem gleichklingenden Brei. De'Azsh ballert, Allyon kräht superhoch vor sich hin, die Gitarristen Lynd und Aerendir gniedeln Schlagermelodien in Highspeed vor sich hin (besonders auffällig in "Winds Of Wisdom"), Multiinstrumentalist Blackwald addiert kitschiges Zusatzmaterial, Bläser und Chor reizen das Bombastometer aus. Immer und immer und immer wieder.

Verschnaufpausen gibt es nur ab und zu in Intros und zwangsläufig im Zwölfeinhalbminuten-Epos "Blade Of Immortal Steel". Kurz täuschen Twilight Force zu Beginn mit einer lieblichen Chinarestaurant-Pianomelodie an. Aber als leise im Hintergrund die Chimes heranrollen, ahnt man bereits, dass die Power Metal-Erektion gleich wieder anschwillt. Und siehe da: 32 Sekunden Vorspiel muss reichen, dann rammeln die Zwielichtigen munter weiter. Immerhin frönen sie im letzten Drittel noch zwei Minuten lang einem balladesken Zwischenspiel, für das tatsächlich mal alle Beteiligten einen Gang runterschalten.

Aber: Respekt gebührt dem Sextett aus Falun (übrigens auch der Heimatort Sabatons) allemal. Sie verschreiben sich zu hundert Prozent ihrer Unterhaltungskunst. Auf die Bühne stiefeln sie mit angeklebten Ohren und Fantasy-Mäntelchen, Studioaufnahmen nennen sie "Erschaffungsrituale" und für ihre Hymnen basteln sie eine Art Mythologie. Obendrein bedarf es einiger Disziplin, die Songs zu spielen und zu arrangieren. Dabei sind die Schweden mit allem so drüber, dass sie eine eigene Nische schaffen. Und das muss man im pathosüberfluteten Power Metal erstmal hinbekommen. Wie heißt es so schön? That shit is hardcore!

Trackliste

  1. 1. Dawn Of The Dragonstar
  2. 2. Thundersword
  3. 3. Long Live The King
  4. 4. With The Light Of A Thousand Suns
  5. 5. Winds Of Wisdom
  6. 6. Queen Of Eternity
  7. 7. Valley Of The Vale
  8. 8. Hydra
  9. 9. Night Of Winterlight
  10. 10. Blade Of Immortal Steel

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2 Kommentare

  • Vor 4 Jahren

    hallo berger, einfach mal die fresse halten.

  • Vor 4 Jahren

    Was für eine furchtbar humorlose Rezension. Klar, letztendlich ist alles Geschmacksache aber den, durchaus zur Selbstironie fähigen, Twilight Force ihre Trademarks vorzuwerfen ist, in meinen Augen zumindest, unangebracht. Wenn die Band Texte wie "Wir sind die Kristallträger, die prophezeiten Retter der Twilight Kingdoms und die Überbringer von ewiger Hoffnung und arkaner Lichtkraft" verbreitet, dann wissen sie, dass sie Blödsinn reden. Technisch spielen sie sauber, wenn auch vorhersehbar. Die Aufnahme gefällt mir auch - von mir 4/5 Sterne. Mir macht´s Spaß!