laut.de-Kritik
Schaurige Irrfahrt durch halbballadeske Welten.
Review von Kai ButterweckNach dem die Ex-Band im vergangenen Jahr energiegeladen vorgelegt hat, ist man natürlich gespannt, was Herr Dirkschneider und seine U.D.O.-Kollegen dieser Tage als musikalische Antwort bereithalten. In punkto Cover-Artwork im Vergleich zum aktuellen Album der Herren Hoffmann, Baltes und Tornillo zieht "Decadent" schon mal den Kürzeren. Eine diabolisch grinsende Bonzen-Fratze haut heutzutage keinen mehr von den Socken. Ein in Flammen gehüllter wild schnaufender Stier hinterlässt da schon eher Spuren.
Aber: who cares? Wenn am Ende die Fratze den Bullen musikalisch bei den Eiern packt, dann stört sich sicherlich niemand mehr am bis dato wohl kitschigsten Cover des noch jungen Jahres 2015. Hören wir also mal rein. Los geht's mit "Speeder", einem klassischen Teutonen-Metal-Flitzer, der mit abgedämpften Powerchords, stumpfem Edelstahl-Getrommle und schmirgelnden 0815-Gesangslinien nicht einmal der Angetrauten des Accept-Bullen Angst einjagt. Mit der schwächste Opener der bisherigen U.D.O.-Geschichte.
Doch das war erst der Anfang einer nicht enden wollenden Ansammlung lust- und leblos vorgetragener Genre-Standars, die in den Ohren verwöhnter "Blind Rage"-Liebhaber in etwa so prickeln wie eine Tüte Ahoj-Brausepulver aus dem Jahr 1985. Insbesondere die monoton und fernab jeglicher Inbrunst vorgetragenen Gesangsdauerschleifen des Hauptverantwortlichen am Mikrofon bewirken beim Hörer große Sorgenfalten ("Decadent", "House Of Fake").
Vorläufiger Tiefpunkt: Dirkschneiders Versuch, mit atmosphärischem Gegrummel mystische Geister zu wecken ("Mystery"). Wer nach diesem viereinhalbminütigem Kirmes-Gestampfe noch Hoffnung hat, der rennt wahrscheinlich auch morgens freudestrahlend mit nem SC Freiburg-Schal zur Arbeit.
Mit der schrulligen Karaoke-Ballade "Secrets In Paradise" bläst der einst Größte unter den Metal-Zwergen dieser Republik schließlich die letzten Lichter aus. Auf derartige Paradies-Geheimnisse kann man wirklich verzichten. Was für ein Schmontz in Moll. Gruselig!
Auch im Anschluss verkeilt sich ein "Mich-gibt's-schon-seit-gefühlten-hundert-Jahren"-Rädchen ins nächste. Zwar solide, aber in punkto Innovation und Nährwert vergleichbar mit einer Tütensuppe hält die Belegschaft den schwächelnden U.D.O.-Motor am Laufen ("Meaning Of Life", "Under Your Skin", "Rebels Of The Night") – bis er schließlich auseinander fällt.
Eine weitere Irrfahrt durch halbballadeske Welten gibt ihm den Rest ("Words In Flame"). Das war's. Endlich! Der Stier frisst den Bonzen und scheidet ihn mit einem Lächeln zwischen den Hörnern wieder aus. Übrig bleibt ein trauriger Haufen namens "Decadent".
3 Kommentare mit 3 Antworten
Da haben wir den ersten heißen Anwärter auf den Preis für das hässlichste Album-Cover des Jahres!
Lass es bleiben, Rezis zu schreiben. Gleich zu Beginn mit den Accept-Vergleichen weiß man eh schon, daß bei dem Schreiber nicht die rezensierte Musik im Vordergrund steht, sondern das Drumherum, was mal war... Und so wird das halt nichts mit einer ehrlichen Rezi zur Scheibe, die ist nämlich gut
Ich glaub der Schreiber des Reviews hat entweder keine Ahnung von Heavy Metal oder er hat die Scheibe gar nicht richtig gehört! Interessanterweise bewerten andere Mags die Scheibe durchweg als positiv. Die Qualität der Songs geht in Richtung der "Timebomb", also sehr solide. Für mich das beste Album von U.D.O. seit der "Timebomb", sehr geil und äußerst empfehlenswert.
... ich hab' ein bingo!
Glückwunsch.
Gruß
Skywise
Fehlt nicht noch die Quantität>Qualität-Implikation?