laut.de-Kritik
Der neue Sound passt wie Arsch auf Eimer.
Review von Philipp KopkaDas Haifischbecken Musikindustrie ist gnadenlos. Fehlt der Erfolg, verschlingt sie gerne mal einen Künstler und spuckt ihn glattgebügelt und massentauglich wieder aus. Die Fans der ersten Stunde gehen auf die Barrikaden, prangern mangelnde Authentizität an und verabschieden sich schnell von ihrem Idol, während selbiges zwar seine Seele verkauft, dies aber mit der Erfüllung des Traums, von Musik leben zu können, rechtfertigt. Ein scheinbar nie enden wollender Teufelskreis. Ufo361 beweist mit seinem neuen Tape, wie einfach es doch sein kann, daraus auszubrechen.
Das Rezept ist dabei so simpel wie effektiv: "Neue Beats, neue Flows, neue Technik". Statt 80er-Samples schreddert auf "Ich Bin Ein Berliner" ein (Achtung, Unwort!) Trap-Banger nach dem anderen die Boxen kaputt. Schon nach dem Intro "Wann Wenn Nicht Jetzt" wird deutlich: Ufo361 und sein neuer Sound, das passt wie (Achtung, Floskel!) Arsch auf Eimer. "Ihr fühlt meine Songs nicht, nein ist doch kein Ding / Gewöhnt euch mal dran, denn so werd ich jetzt kling' / Sie schieben jetzt Krise, weil ich auch noch sing' / U-F-O 3-6-1, das ist mein Neubeginn".
Zugegeben, das mit dem 'Seele verkaufen' könnte man auch dem Kreuzberger vorwerfen. Denn Jahre, nachdem die Trapwelle die amerikanische Rap-Landschaft überschwemmt hat, scheint sie nun auch langsam über den großen Teich zu schwappen. Momentan gilt hierzulande die Regel: Machst du Trap, lässt der Hype nicht lange auf sich warten. So gesehen bei Mauli, so geschehen bei Ufo361.
Der Stilwechsel rührt aber nicht etwa vom Strippen ziehenden Major im Hintergrund, sondern geschah aus eigenem Willen. Nach der Auflösung von Hoodrich agiert Ufo361 unabhängig, das Mixtape entstand in Eigenregie. Das ist gleichzeitig der Knackpunkt: Ufuk macht, worauf er Bock hat. Das hört man "Ich Bin Ein Berliner" in jeder Sekunde an. Die gute Nachricht für alle Fans seines Debüts: Ufo bewahrt sich nicht nur seine Stärken, sondern weiß sie im neuen Soundgewand sogar noch gekonnter auszuspielen.
"Dieser Trapshit macht mit euch Typen keinen Sinn." Ufos kratzige Stimme und sein abgehackter Flow scheinen dagegen wie geschaffen für die durchweg ballernden Synth-Monster à la "Scottie Pippen". Selbst der Autotune-Einsatz ist on point: Die gesungenen Hooks erzeugen keinen Fremdscham, sondern beißen sich so nachdrücklich im Gehörgang fest, dass man sich schon mal dabei ertappt, wie man in der U-Bahn leise "Wo sind aaaaaaaall meine miesen Bräute" vor sich hin brummt.
"Scheiß auf die Bitches, die wollen nur mein Geld." Das Bankkonto mag mittlerweile dicker sein, an Themen ist Ufo361 seit seiner letzten Veröffentlichung nicht wirklich reicher. Das 14 Tracks umfassende Tape bricht nur selten mit dem eindimensionalen Mix aus Berlin-Representern und altbekannten Geschichten über Drogen, Bitches und Geld. Da bildet die kurz aufflackernde Sozialkritik von "Harman" schon eine seltene Ausnahme: "361, ja, hier wird der Gejagte zum Jäger / Kleine Kiddies sind Harman und schnüffeln am Kleber / Alle auf Drogen, doch keiner von den'n kriegt hier Hilfe."
"Meine Zweckreime zerstören hier / Du willst 'ne Geschichte, dann gib dir ein Hörspiel / Ich mach das so, wie ich Lust hab". Mit der gewohnten Portion Humor zieht einen der Berliner schnell auf seine Seite. Und dort befindet man sich in guter Gesellschaft: Ufuk hat scheinbar genügend Kontakte, um auch ohne großes Label eine beachtliche Gästeliste zusammenzustellen. Außer dem dicken Part von Bonez MC von der 187 Strassenbande halten die aber leider nicht, was sie versprechen: Der okaye Part von Celo & Abdi geht noch durch, während die Remixversion von "Ich Bin Ein Berliner" mit Sido, Crackaveli, Bass Sultan Hengzt und BTNG direkt in den Papierkorb wandert.
Zweckreime, Themenarmut, Eintönigkeit – all das, was man Ufo361 anlasten könnte, verschwimmt auf "Ich Bin Ein Berliner" aber hinter dem neuen stimmigen Soundbild, bei dem es eben nun mal nicht wichtig ist was, sondern wie du es sagst. Hätte der Kreuzberger nicht gut die Hälfte der Tracks schon vorab veröffentlicht, wäre der Überraschungsmoment wohl noch größer gewesen. Trotzdem besteht nach "Ich Bin Ein Berliner" keinerlei Zweifel, dass Ufo361 seinen Sound gefunden hat. "Eigentlich brauch ich nicht mal viel zu sagen. Gib dir das Mixtape".
5 Kommentare mit 7 Antworten
Das Cover ist einfach nur ekelich! Erinnert mich an das mit der rauchenden Gummipuppe von Rihanna.
Ansonsten...hmm, muss man den kennen?
Ne, hat ziemlich langweiligen Sound gemacht davor. Daher stimme ich zu, dass der neue Style besser passt.
Das war's aber auch schon.
Nö, der hat grad man so viel von Rap drauf wie... Fanta4
Bei der Wertung ist aber ein dicker Berlin Bonus dabei. Ansonsten ist dieser Ufo Typ eigentlich nicht wirklich spannend und seine Musik genauso wenig.
Hier hat sich doch letztens jemand Rap aus Dortmund gewünscht; wem dieser 18 Karat also nicht reicht: seine Homies ziehen langsam nach (https://www.youtube.com/watch?v=08U8jIiMgN0).
Wobei ich zugeben muss, dass ich mir den Track sogar mehrfach gegeben habe.
PS: was emotional aufwühlenden Deutschrap angeht, kommt natürlich nichts mehr an BÖZEMANNs Meilenstein "Bitterkalt" heran (https://www.youtube.com/watch?v=mK6Hg3FyDZk).
Dagegen verblassen selbst Klassiker wie "Weißt Du Wie Es Ist" von unserem Al Massiva Löwen.
Bözemann hatte ich schon völlig verdrängt Der erste deutsche Rapper der wegen Volksverhetzung angezeigt wurde, oder wie war das? Wüsste gerne was der heute so macht...
Kmapf!
HT waren früher dran mit der sogenannten Volksverhetzung neuerdings auch Volksverdummung genannt
Ja … Weil man erfolgreich aus Polizisten ein Volk gemacht hat.
Dasselbe haben die ja auch bei Flüsse aus Blut mit Pennern versucht. Wenn man erstmal im Fadenkreuz ist, kommt man da schwer wieder raus. Glücklicherweise haben die mit Schwartz ja jemanden an der Seite, der noch besser Wörter verdrehen kann, als die Ankläger.
Mal sehen was jetzt nach der Benni Freibott Sache passiert..entweder Knast, Wacken oder Fernsehgarten
Der sieht für mich nebenbei bemerkt aus wie der deutsche JonTron
Ich dachte erst es handelt sich dabei um unveröffentlichtes Material von Dirk Bach.
Blokk, Schwartz und Bach: 1966 - Djungelabenteuer in Vietnam.
Langweiliges Album.
Nebenbei: Deutschtrap existiert immer noch nicht.
Eins der besten und abwechslungsreichsten Alben der letzten Zeit. Er bringt endlich frischen Wind in die Deutschrapszene, was sie auch dringend mit den ganzen immerwieder gleich klingenden Kollegahs und Farid Bangs braucht.