laut.de-Kritik
Das klingt streckenweise wie Scooter für Futurepop-Fans.
Review von Ulf KubankeEin großartiges Jahr für die alte Tante EBM und ihre gar nicht mal so bucklige Verwandtschaft. Sehr gute Platten von Front Line Assembly oder Covenant zeigen, wo es lang geht. Auch das mittlerweile zwölfte Album "Transnational" der englisch-irischen Kollegen von VNV Nation öffnet sich leicht poppigeren Strukturen und überzeugt mit Charme. Mehr Beauty, weniger Biest!
Der eine oder andere Freund der ersten Stunde mag irritiert sein, die ganz harten Zeiten mit Hammer und Amboss scheinen passé. Harris und Jackson kommen nach unzähligen Rhythmusschlachten als Veteranen nach Hause und lassen das Rebellenschwert vorerst auf dem Feld der Ehre rosten. Melodien und Harmonien stehen mehr im Vordergrund. Weg von der Aggression, hin zu den Ufern Apoptygma Berzerks und Eternal Afflict anno "War".
Sicher, ein Lied wie "Aerospace" geht bedenklich in Richtung Scooter für Futurepop-Fans. Doch selbst solche kleinen Ausrutscher retten sie mit Routine über die Ziellinie. Dem gegenüber stehen leicht pathetische Entertainer, deren Kajalvocals sich prächtig mit den Synthie und Beatstrukturen des Duos ergänzen ("Off Screen").
Die Up- und Midtempo-Tracks eignen sich nahezu allesamt als Auskopplung und bringen eine Qualität mit, die im Steckdosen-Genre zuletzt den Berzerks mit "Rocket Science" oder Mesh in der zahmeren Synthiepopvariante gelang. Das große Plus: Es gibt keine zügige Halbwertszeit. Die Lieder halten sich im Ohr und verbleiben dort, ohne zu nerven oder sich abzunutzen.
Meine persönlichen Favoriten sind "Teleconnect, Pt. 1" und "Teleconnect, Pt. 2". Ersteres kommt als ungewohnte Ballade um die Ecke. Ein Fundament aus Karl Bartos ähnlichem Grundton lenkt gekonnt davon ab, dass Ronan Harris nicht gerade über eine herausragend charismatische Charakterstimme verfügt.
Fast noch schöner gerät der sich langsam aus sich selbst heraus schälende zweite Teil zum ende der Platte. Tangerine Dream Sequenzer und mehr als ein Hauch Edgar Froehe Atmosphäre begleiten die spät einsetzende Gesangsmelodie. Ein Drittel Melodram, ein Drittel Tragik und ein Drittel Anmut verleihen diesem finalen Track die entscheidende Würze. So bietet "Transnational" eine unerwartete, aber überzeugende Vorstellung.
2 Kommentare
Vier Sterne für diesen äußerst mäßig produzierten und abgemischten Brei aus mittelmäßigen bis peinlichen ("Lost Horizon") Tracks? Schlechtestes VNV Album ever und eine riesige Enttäuschung nach Automatic!
Bin auch sehr enttäuscht von diesem Album. Nichts gegen eine musikalische Weiterentwicklung, aber VNV reiht sich damit leider in die belanglosen Futurepop-Bands dieser Welt. Eine Rezession mit EBM und FLA zu beginnen, ist in diesem Fall eindeutig Thema verfehlt. Ein Album ohne wirkliche Ideen. Und niemals 4 Sterne wert!