laut.de-Kritik
Vier College-Buben erfinden sich neu.
Review von Hannes WesselkämperLaut Gitarrist Ezra Koenig soll "Modern Vampires Of The City" eine Band-eigene Trilogie abschließen. Beworben mit viralen Auftritten von Schauspieler Steve Buscemi, der als Regisseur der Aufnahmen eines Live-Auftritts fungiert, finden Vampire Weekend auch fernab ihres Studenten-Images Beachtung. Sie haben ihren eigenen "The Dark Knight Rises" erschaffen, scherzt Koenig in Interviews.
Doch nicht in Hollywood, sondern unter anderem auf der bürgerlich-ruhigen Touristeninsel Martha's Vineyard entsteht das dritte Machwerk der New Yorker. Ganz im Einklang mit dem vorherrschenden Lokalkolorit herrscht ein gesetzterer Sound vor, der den versprengten Vampire Weekend-Kosmos neu ordnet.
Exotik und der stets spürbare Geist von Paul Simons "Graceland" weichen über weite Teile des Albums einem profunderen Sound. Melancholie verbindet sich mit Filter-beladenen Beats, was neuen Zugang zu den von jeher starken Rhythmen Vampire Weekends gestattet.
Das leicht sperrige "Hudson" trägt sich beispielsweise mit gewitterartigen Drums und wagnereskem Pathos, wie es These New Puritans so variantenreich beschwören. Sogar hymnischer Chorgesang mischt sich in den angenehm untypischen Track. Passend dazu schließt sich das nicht einmal zweiminütige "Young Lion" an, das mit unaufdringlichem Piano und Zwiegesang sanft aus dem Album führt.
Bemerkenswert ist ebenfalls das einfache wie berührende Storytelling von "Hannah Hunt", das dabei mit minimaler Instrumentierung auskommt. Einfache Rhythmen untermalen die Road Trip-Geschichte, die Koenig zart-schläfrig intoniert. Mit simplem Twee-Feeling changiert der Song zwischen Südstaaten-Veranda und US-Aufbruchsromantik.
Offensichtlich geht es aber in "Modern Vampires Of The City" nicht nur um das Ablegen bewährter Songmuster. Orgeliger Vorwärts-Pop mit ausgefeilter Rhythmus-Struktur findet sich ebenfalls reichlich, vor allem in "Finger Back" oder der an Mutlosigkeit gerade noch vorbei schrammenden Single "Diane Young".
Vampire Weekends 42-minütige Liaison mit neuen Perspektiven beinhaltet außerdem "Ya Hey", das klassische Klaviermelodien neben teilweise gepitchte Gesänge stellt. In einer wieder sehr offenen Form steht die Band hier dem seltsamen Klangkosmos Animal Collectives in Nichts nach.
Dass Dub-Versatzstücke dabei als Basis für eine Geschichte aus dem Alten Testament dienen: nur eine von vielen Gelegenheiten, bei denen das Quartett seine kulturwissenschaftlichen Wurzeln unter Beweis stellt. Eine breit angelegte Zitatejagd bleibt bei allen Neuerungen wohl weiterhin als bandtypisches Merkmal bestehen.
11 Kommentare mit einer Antwort
Ui "nur" 3? Meins ist leider noch nicht da, aber ich erwarte da natürlich schon n bissl mehr
hmm. Ich dachte eigentlich, dass dieses Album ihr bisher bestes ist. Und zwar mit Abstand. Die Kritik hört sich auch nach mehr an. 5/5 von mir.
Eigentlich alle Songs, die ich vorab gehört habe, waren richtig gut. Ich wart aber mal mit einem Albumkauf noch, bis der Preis fällt...
unglaublich beschissener Sänger
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Hannah Hunt laeuft bei mir seit Release immer noch jeden Tag mindestens vier Mal. Ein unglaubliches Stueck. Wird wohl einer der 10er Favoriten werden. Wie Koenig nach der traumhaften Melodie den Refrain rausschreit, ist wortwoertlich Koeniglich.