laut.de-Kritik
Der köchelnde Schmelztiegel des gärenden Untergrunds.
Review von Gregory BritschIn Sachen heißester Scheiß, was Trends im Musikgeschäft angeht, stehen dieser Tage DFA ganz weit oben in der Gunst und ziehen wie die Output Recordings (Black Strobe, Dead Combo) eines Trevor Jackson die geballte Aufmerksamkeit auf sich. Daran wird sich Dank dieser Compilation voraussichtlich nicht viel ändern.
Aber warum gerade dieses Label? Liegt es vielleicht daran, dass bei DFA verschiedene musikalische Aspekte auf eine Art und Weise zusammenkommen, die man in dieser Form eigentlich nicht erwartet bzw. nicht für möglich hält, der Sound des Labels nebenbei noch in der ihm eigenen Diktion nicht unbedingt alltäglich, vielmehr irgendwie aufregend oder gar frisch klingt? Oder sind es am Ende einfach der Riecher, das Können und Wissen der Macher und Produzenten James Murphy sowie Tim Goldsworthy, inklusive ihrem Anspruch, dass die Musik einen bestimmten Aussagewert haben, für etwas stehen soll?
Was es heißt, im Dunstkreis von Death From Above stehen zu dürfen, erfuhren The Rapture, die später bei Universal unterkamen. Murphy und Goldsworthy – "The Neptunes of the Discopunk Underground" – brachten schließlich, sozusagen die Früchte aller Lorbeeren, einen Deal mit dem Plattenmulti EMI unter Dach und Fach. Hier erscheint als einer der ersten Akte dieser Liaison eben jene als dreifache CD-Box zusammengestellte Labelcompilation aus bisherigen 12inches, die zeigen, welcher Reiz von DFA ausgeht, woran sich der Rummel ungefähr festmachen lässt.
DFA, das ist grob gesagt, ein stetig vor sich hin köchelnder Schmelztiegel, der die unterschiedlichsten Ecken des gärenden Untergrunds von New York vereint. Angetrieben von einer Philosophie, die wie selbstverständlich an sich konträre Stilblüten wie etwa Indie-Rock, No Wave, Punk, (Italo-)Disco oder Experimentelles unter einen Hut bringt. Und allesamt, trotz oder gerade wegen des eher ungeschliffenen Charakters und manch schräger Töne, auch das Ganze noch irgendwie stylisch aussehen lässt.
Dieses Verrückt-Überdrehte weckt Sympathien. Und animiert wohlgemerkt nicht selten auch zum Zappeln. Was einerseits wohl am spürbar ansteckenden Groove liegt. Andererseits zeichnen sich viele Tracks, neben einem dreckigen Dub-Flavour, besonders durch einen bemerkenswerten Drive aus. So ist in diesem Zusammenhang, versinnbildlicht durch den DFA-Blitz, das häufig benutzte Zitat 'Death Disco' als Beschreibung des Labelsounds in der Tat aller Ehren wert.
Eine Etikette, unter die man freilich nicht immer jedes Oeuvre einzuordnen vermag. Als Beispiel seien nur die psychedelischen Experimental-Exkursionen von Black Dice erwähnt. Eben Musik einmal etwas anders gedacht. Und nicht ausschließlich auf eine Richtung festgelegt. Dafür stehen in gleicher Weise The Juan Maclean, James Murphy selbst als LCD Soundsystem, Liquid Liquid, besagte The Rapture oder die Neuzugänge wie Black Leotard Front, Delia Gonzalez & Gavin Russom, J.O.Y. und speziell die ungestümen Pixeltan.
Als zusätzliches Schmankerl wurde auf der dritten CD noch ein Mix verewigt, zusammengemischt von Goldsworthy und Tim Sweeney, die sonst ihre eigene Radioshow namens "Beats In Space" hosten. Der Mix stellt technisch betrachtet keine Offenbarung dar, Perfektion in dieser Hinsicht überlässt man offenbar den anderen.
Was zählt ist die Botschaft, die da lautet: Blitzed. Death Disco regelt. So einfach wie simpel. DFA erfinden das Rad nicht neu, aber neben reichlich Charme und einem Hauch von verruchtem Glamour (man muss nur fest dran glauben) bekommt die Kundschaft für ihr Geld doch wirklich allerhand geboten.
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