laut.de-Kritik
Karibische und südamerikanische Rhythmen im Doppelpack.
Review von Alexander CordasMittlerweile grassiert das Latino-Fieber in ganz Deutschland. Es gibt kaum einen Provinzschuppen, der nicht auch eine Salsa-, Merengue oder Tüdeldü-Disco im Programm hat. Einen Latino-Grammy gibt es jetzt auch, für jeden Darmwind wird ein neuer Hype arrangiert.
Klar auch, dass die CD-Regale mit dem dazugehörigen Sound ausstaffiert werden, damit bald jeder Amateur professionell zu den richtigen Rhythmen seinen flachen Hintern bewegen kann, sei er auch noch so unmusikalisch. Nicht ganz (aber doch irgendwie) in diese Schwemme passt der vorliegende Sampler-Beitrag aus dem Hause Multicolor. Eine kleine Werkschau des Labels, die - mehr oder weniger - im Soundkosmos der Karribik oder Südamerikas spielt.
Als ich die Coverversionen der Kraftwerk-Songs von Senor Coconut zum ersten mal hörte, dachte ich, der Senor hätte was an der Coconut aber beim genauen Hinhören sind "Showroom Dummies" ("Schaufensterpuppen), "EXPO 2000" und "Tour De France" nicht plumpe "Ho ma' Flasche Bier"-Verarsche, sondern sind charmante Hommagen an die Roboters aus Düsseldorf. Das übrige Material wandert jedoch auf dem schmalen Grat zwischen guten Dance-Songs und platten Latino-Attitüden. Richtig bestehen kann auf CD 1 in meinen Ohren nur das Dub-Urgestein King Tubby und Banned-X. Bei den übrigen Songs drängen sich mir Assoziationen auf, die mit bleichgesichtigen Jura-Studenten mit Hemd und Krawatte auf üblen Salsa-Partys zu tun haben und nicht gerade für einen gesunden Schlaf sorgen.
Anders sieht das beim zweiten Silberling aus. Hier findet man den einen oder anderen hervorragenden Mix. Im Unterschied zur ersten CD wird hier gekonnt die Deep House-Schiene gefahren. Die beiden Wondabra-Remixe gehören hier zu den Highlights und poppen gehörig über den Tanzboden. Da ich aber leider gegen Latino-Fieber resistent bin, gibt's auch nur drei puntos.
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