laut.de-Kritik

Schwulen- und frauenfeindliche Ausrutscher trüben das gute Gesamtbild.

Review von

Obacht. "Das ist" - wieder mal - "Mukke aus dem Untergrund, ein Album, das zerstört wie ein Stich in den Hals". Möchte man das?

Ein Mann der zarten Worte war Vega noch nie, da kann er dreimal Liebesschnulzen der Sorte "Nur Du" aus dem Hut ziehen. Die kompromisslose Härte des Außenseiters, des von Glück und Erfolg Vergessenen, steht ihm deutlich besser: "War doch klar, dass ich auf 'Vincent' wieder zuschlag', ihr Hasen / Ab Freitag läuft euch Pissern wieder Blut aus der Nase."

Irgendwie kommt man nicht umhin, den Kerl für sein Stehvermögen zu bewundern. Nach der Trennung von Buckwheats und dem hässlichen Ende seines eigenen Labels Butterfly Music wäre es durchaus verständlich gewesen, hätte Vega das Mic entnervt an den Nagel gehängt.

Nix da: Er blieb dran und baute sich zum dritten Mal in zwei Jahren neue Strukturen auf. Freunde Von Niemand heißt das neue Umfeld nun. Vor diesem Hintergrund lässt sich das fast schon zwanghafte Abgrenzen vom Rest der Rap-Szene, das auf "Vincent" wieder und wieder ins Auge springt, zumindest ein bisschen nachvollziehen.

"Ich bin König deutscher Hip Hopper, alle anderen sind Lauchs", konstatiert Vega in "Feuer", nachdem er gleich im Opener "Vincent Ist Da" "die besten Rapper deiner Stadt" zum Duell forderte. "Sag dem Rest dieser Szene, sie sind Luft für mich." Dafür, dass ihm außer den eigenen Jungs alle ganz egal sind, macht er ein ganz schönes Gewese um die gute alte Wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Thematik.

Geschenkt, ebenso wie der Umstand, dass sich Vega offenbar erst eingrooven musste. Lieferten die ersten beiden Tracks noch wenig Hinweise darauf, warum ausgerechnet er, Vega, der sein soll, der "alles kaputt macht", findet er im weiteren Verlauf doch zu guter Form.

Nicht ausgefuchste Reimtechnik erweist sich dabei als seine Stärke, sondern sein Gespür für das Plakative, Plastische. "Das hier ist kein Freestyletape", stellt er in "Vollmond" ganz richtig fest. "Das sind nur Bilder, die ich seh', wenn der Beat einschlägt" - beeindruckende Bilder zuweilen, zu noch beeindruckenderen Beats.

Musikalisch gibt es an "Vincent" nichts auszusetzen. Cubeatz, Johnny Pepp und Cristal versorgen Vega mit bombastischen, an Theatralik schwer zu überbietenden Instrumentals. Die eine oder andere Klaviernote mag etwas grell ausfallen. Dunkle Streicher aber, exaltierte Chöre und Bässe, die um die Knöchel wabern wie Bodennebel auf einem verlassenen Friedhof, illustrieren Vegas düstere Stimmungen perfekt.

Bei den Skizzen "Wasser" oder "Luft" reut einen beinahe die kurze Spieldauer. Andere - wie der von F7 beigesteuerte Beat zu "Kannst Du Es Seh'n" - machen richtige Entwicklungen durch, hier von getragenem Piano über hakelige Rhythmik zu flächigem Chill-Out-Sound, der sich dann erst in den selbstzerstörerischen Rausch des letzten Tanzes stürzt. Großartig - und tatsächlich "weit weg von eurem Partyscheiß im Club".

Vega selbst beweist - etwa, wenn er in "So Weit Weg" die Kluft zwischen Fassade und Innenansichten, zwischen Ist- und Wunschzustand aufzeigt - durchaus Antennen für Emotionales. Um so bedauerlicher, dass ihm immer wieder erschütternd dämliche schwulen- und frauenfeindliche Ausrutscher passieren. "Ich hab' gesehen, wie deutsche Rapper Männer küssen." Ja, und? "So eklig!" Ah, ja.

"Ich kann nicht unten sein mit Männern, die ihren Arsch geben." Hmm, da kann man wohl nix machen. Gegen Verklemmtheit hilft schließlich keine noch so nachdrückliche Forderung nach Toleranz. Trotzdem gut, dass wir drüber gesprochen haben. Doch halt, haben wir das überhaupt? "Wär' gern Teil eurer Community, doch ich red' nicht mit Frauen." Schade, Alter. Dann eben nicht.

Trackliste

  1. 1. Vincent Ist Da
  2. 2. Dem Himmel So Nah
  3. 3. So Weit Weg
  4. 4. Feuer
  5. 5. Ich Bin König Heut
  6. 6. Vollmond
  7. 7. Mit Dem Kopf Durch Die Wand feat. Bosca
  8. 8. Wasser
  9. 9. Alles Was Zählt
  10. 10. Kannst Du Es Seh'n feat. Timeless
  11. 11. Freund Sein
  12. 12. Erde
  13. 13. Freitag Der 13te
  14. 14. Nur Du
  15. 15. Luft
  16. 16. Outro

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