laut.de-Kritik
Vorsicht, böse!
Review von Manuel Berger"Watain erkunden und kultivieren Konzepte wie das Böse, den Feind, das Unbekannte, das Andere. Unser Ausdruck speist sich aus den kollektiven Albträumen der Menschheit, Verzerrungen der natürlichen Ordnung und den ewigen Mysterien des Todes, Tumore im Geiste Gottes."
So schreiben Erik Danielsson und seine Schergen in ihrem "Manifesto 2022", in dem sie kurz danach sicherheitshalber noch betonen, unpolitisch zu sein und gleich dem Disclaimer eines Spielfilms noch erwähnen, sämtliche Interpretationen in die ein oder andere Richtung seien wenn dann ästhetisch begründet. So weit so infantil so Black Metal. Grob übersetzt: Watain haben offenbar immer noch nicht kapiert, warum man auch nicht als "ästhetische Provokation" den rechten Arm heben sollte, selbst wenn sie mit der dahinter liegenden Gesinnung offensichtlich nix am Hut haben. Lassen wir das, es wurde zur Genüge diskutiert.
Wer den unverbesserlichen Edgelord-Charakter der Band ausblenden kann, bekommt mit "The Agony & Ecstasy Of Watain" ein ziemlich gutes Album. Die (nicht schlechten, aber auch nicht großartigen) Vorgängerwerke spielen die Schweden hiermit locker an die Wand. Was teils daran liegt, dass sie Elemente der recht unterschiedlichen letzten Platten "The Wild Hunt" und "Trident Wolf Eclipse" aufgreifen und verschmelzen. So pocht das Oldschool-Herz zwar für rohe Raserei, tut das jedoch im Kontext einer songschreiberischen Vision, die mehr bietet als bloßes Draufhauen mit dem Nietenhandschuh.
Man kann es stellenweise durchaus als 'feinsinnig' bezeichnen, wie Watain ihre Songs bauen und Melodie und Chaos miteinander vermählen. Aus ihrer Verehrung für Dissection machen sie dabei erneut keinen Hehl, deren Vermächtnis schwebt immer über den Songs. Bisweilen bewegen sich Watain sogar so weit aus der Black Metal-Komfortzone heraus, dass sie in ähnlichen Gefilden wildern wie Tribulation. Der zugängliche Midtempo-Groove von "Serimosa" steht Danielsson und Co. ganz hervorragend. Noch weiter weg von den puristischen Wurzeln wächst "We Remain". Gastsängerin Farida Lemouchi (The Devil's Blood) eröffnet den über sechs Minuten langen Doom-Rock-Track mit mystischen Clean-Vocals, das letzten Drittel gestalten Watain psychedelisch-proggig.
Bei "Before The Cataclysm" gehen Blastbeats und heroischer Heavy-Metal-Marsch Hand in Hand und die Rhythmussektion (Emil Svensson a.k.a. E. Forcas am Schlagzeug, Alvaro Lillo am Bass) verschafft sich gegenüber den sonst so dominanten Gitarren eindrucksvoll Gehör. Zu den Highlights zählt außerdem "Leper's Grace". Das pfeilschnelle Stück verkörpert den kontrollierten Wahnsinn Watains besser als jedes andere des Albums. Die Band spielt wie im Rausch, feuert Tremolo-Salven und Rhtyhmus-Breaks ab, garniert die Manie mit Wah-Wah-Strudeln und speit hasserfüllt ihre Botschaft: "Beware, ye tender hearts / The satanic force of darkness".
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