laut.de-Kritik
Ein Album, das mit jedem Durchlauf weiter zusammenfällt.
Review von Manuel BergerNichtschwimmer kommet in Scharen. We Came As Romans haben das nächste seichte Gewässer für euch bereitet. Spritzen dürft ihr auch ein bisschen, aber haltet euch bitte an die Regeln. Ihr wollt euch ja nicht wehtun oder?
Irgendwie ist es faszinierend, wie konturlos We Came As Romans schon im ersten Song "Vultures With Clipped Wings" ankommen. Sänger David Stephens mimt den Ohrloch-Brutalo, der sich das Mikrokabel um den Hals wickelt, um bei seinen mit viel nach unten Beugen verbundenen Stagemoves noch härter auszusehen. Weil die Kreativität nur für zwei Minuten Palm-Mute-Stakkato reicht, hängt vorn und hinten noch nichtssagendes Noise-Geplänkel dran. Im Ernst, wenn eure einzige Riffidee für diesen Song aus rhythmisch abgestoppter leerer Saite besteht, lasst es doch gleich bleiben. Wenigstens ein paar eingestreute Power-Chord-Flächen im Alternative Rock-Stil – so wie im Titeltrack – wären doch drin gewesen. Spannend sind die zwar ebenfalls nicht, aber wenigstens habt ihr dann zwei Riffs.
Nachdem er sich zwei Stücke lang wund geschrieen hat, ist bei Stephens die Luft raus und die Mannschaft muss sich auf Popcore verlegen. "Two Hands" klingt genau wie man sich einen Song vorstellt, für den Trolle hervorgekrochen kommen, um auf YouTube in wenig schmeichelhafter Wortwahl zu kommentieren, dass sie die alten Sachen besser fanden. Zum Glück für We Came As Romans machen sich diese Leute wohl gar nicht mehr die Mühe bis zu Track 7 – "Encoder" – zu hören. Drei Dinge habe ich dazu zu sagen:
1. Die Tage, in denen Trancecore hip war, sind längst vorbei.
2. Selbst als Trancecore hip war, brauchte es mehr als recyclete Stakkatos der vorangehenden Albumsongs und Beats, die mir GarageBand mit einem Mausklick liefert, um etwas zu reißen.
3. "Hippiehippieyeah"-Rufe (frei transkribiert) waren selbst zu Zeiten als Trancecore noch hip war unhip. Und die Retrowelle schwemmt – zum Glück – nicht alles wieder an.
Kaum ist "Encoder" rum oder geskippt, schlabbert Stephens wieder fröhlich seine Spät-Linkin Park-Lines vor sich hin: "We were so young, we were so vivid" heißts in "If There's Nothing To See". Passend dazu quängelt erstickt von Plastiksynthies am Ende ein Baby, bevor in "Promise Me" endlich der waschechte Radiobeat mit braven Metronomschlägen bummst. Dazu gibts wundervolle Lyrik von "eternity", Vergissmeinnicht und Verlorenheit in liebenden Augen.
"Cold Like War" ist eines dieser Alben, das mit jedem Durchlauf weiter zusammenfällt. Rauscht es zu Beginn noch also harmloser Metalcore-meets-Pop einfach durch, ist bei längerem, genauem Zuhören nicht mehr zu übersehen, wie wenig Substanz die Songs besitzen und dass dem Album jeglicher roter Faden fehlt. Offenbar waren We Came As Romans so fixiert darauf, wieder mehr Metal in ihren Sound zu integrieren, dass sie sich selbst vom harten Klang blenden ließen und gar nicht merkten, dass sie immer dasselbe spielten. Naja, live verschwimmt ohnehin alles im Soundmatsch und "Cold Like War" eignet sich immerhin hervorragend als Motivation, sich im Moshpit den Schädel einzuschlagen.
3 Kommentare
Dieses Review war echt mal erfrischend gut. Ich bin zwar nicht hundertprozentig damit einverstanden, dass man Einfachheit automatisch als schlecht kategorisiert, finde es aber trotzdem wichtig, dass auch das endlich mal genau so erwähnt wird - Das sensibilisiert vielleicht den ein oder anderen Rezensenten die Dinge auch mal wieder so zu sehen wie sie tatsächlich sind, nämlich zum größten Teil tatsächlich viel zu einfach und substanzlos (ein Trend, der leider schnell Überhand gewinnt). Nichts desto trotz kann es auch intelligent sein auf Einfachheit zu setzen, wenn es am Ende gut gemacht ist. Bei diesem Album hier muss ich das erst noch mit ein paar mehr Durchläufen (Zündeffekt ja oder nein) herausfinden.
Zwei Sänger. Ist das so schwer zu rezensieren..peinlich, fällt besonders in diesem Genre auf, dass wohl keiner Ahnung von seiner rezi hat.
Da ich es mir ja zur Aufgabe gemacht habe, jedem seifigen, Rock-Am-Ring-Metalcore-Schlonz, der hier Erwähnung findet, etwas aus dem HC gegenüber zu stellen, was es eher verdient hätte, reviewer zu werden:
INCENDIARY – change the way you think about pain
Sehr gelungener NY Hardcore, Downset schielen um die Ecke, INCENDIARY kommen aber mit viel mehr Punch und cooleren Vocals.
War definitiv ein Highlight des HC Jahres.