laut.de-Kritik

Latent dramatisch, also genau, wie man sich Billy Corgan wünscht.

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Als Fan der Smashing Pumpkins waren die letzten Jahre ziemlich hart. Der musikalische Output von Mastermind Billy Corgan taumelt irgendwo zwischen brauchbarem Hoffnungsschimmer ("Oceania") und ziemlichem Reinfall ("Monuments To An Elegy") hin und her. Unvergesslich auch seine achtstündige Solo am Synthie-Aufführung von Hesses "Siddhartha".

Zusätzlich sorgten hanebüchene Verschwörungstheorien, wilde Romanzen (anhand der Damen Tequila, Simpson oder Love lässt sich kein eindeutiges Beuteschema rekonstruieren) und der Kauf einer Wrestling-Liga für entsetztes bis belustigtes Kopfschütteln. Doch seit ein paar Jahren scheint Corgan zumindest auf persönlicher Ebene wieder ein Stück zur Normalität zurück gefunden zu haben. Ein Bild, das sich auch problemlos auf seinen neuen Alleingang "Ogilala" übertragen lässt. Schon die Entscheidung, das ganze unter seinem Geburtsnamen William Patrick Corgan zu veröffentlichen, schreit förmlich nach seinem Drang, der Welt zu beweisen: "Seht her, ich habe mich geändert."

Für sein erstes Solo-Album seit "TheFutureEmbrace" (2005) hat der selbsternannte Kontrollfreak die Zügel nun tatsächlich aus der Hand gegeben. Mit dem längst nicht mehr unumstrittenen Produzenten-Guru Rick Rubin will der vom Pfad der künstlerischen Tugend abgekommene Musiker wieder in die Spur finden. Ähnlich den "American Recordings" von Johnny Cash sind die Songs auf ihre wesentliche Essenz herunter gebrochen. Die Reduktion auf Stimme, Gitarre, Klavier sowie ein paar Streicher passt in der Tat vorzüglich zu den latent dramatischen, also Corgan-typischen Songs.

Das effektiv arrangierte "Processional" gerät so zu einem echten Highlight, und nicht bloß weil sich hier Kürbis-Kollege James Iha erstmals seit 17 Jahren wieder ein gemeinsames Studio-Stelldichein gönnt. In der Strophe bauen zwei Akkorde und ein einzelner Klavier-Ton die Spannung vorbildlich auf, im Refrain lassen banal-schöne Tonfolgen dann die Sonne aufgehen. "It's a long way to get back home" schmachtet er, und tatsächlich: So deutlich wie hier haben seine Kompositionen schon lange nicht mehr nach den Großtaten der Pumpkins geklungen.

Auch Songs wie "Aeronaut" oder "Half-Life Of An Autodidact" darf genau jene packende, emotionale Qualität unterstellt werden, die "Mellon Collie And The Infinite Sadness" vor über zwei Dekaden zu so einem großen Werk gemacht hat. Rein musikalisch destillierten Produzent und Musiker wirklich das Optimum heraus, so dass "Ogilala" deutlich zugänglicher und vertrauter schmeckt, als vieles, was uns Corgan in der Vergangenheit serviert hat.

Natürlich muss man sich auch diese Songs ein wenig erarbeiten, doch der Einsatz lohnt sich endlich wieder. Denn Zeilen wie "It took me 40 years to finally wake up", die darauf schließen lassen, dass der Protagonist im Kampf mit seinen Dämonen nun langsam die Oberhand gewinnt, hört man natürlich gerne. Nächster Halt: Pumpkins-Reunion in Original-Besetzung? Man wird ja noch mal fragen dürfen.

Trackliste

  1. 1. Zowie
  2. 2. Processional
  3. 3. The Spaniards
  4. 4. Aeronaut
  5. 5. The Long Goodbye
  6. 6. Half-Life Of An Autodidact
  7. 7. Amarinthe
  8. 8. Antietam
  9. 9. Mandaryne
  10. 10. Shiloh
  11. 11. Archer

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LAUT.DE-PORTRÄT Billy Corgan

Die einen bezeichnen ihn als exzentrischen und kontrollbesessenen Diktator mit übergroßem Ego, die andern preisen ihn als musikalisches Genie und Ausnahmekünstler.

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