laut.de-Kritik

Klingt so furchtbar, wie das Cover aussieht.

Review von

Mit 82 Jahren noch so umtriebig zu sein wie William Shatner: eine schöne Vorstellung für die eigene Zukunft. Komplett den Bezug zur Realität zu verlieren und hauptsächlich seines Egos wegen von sich reden zu machen dagegen: keine nette Perspektive. Ganz so schlimm stellt sich der Zustand des hauptberuflichen Schauspielers zwar nicht dar. Aber wer ihm eingeredet hat, er solle sich an einem Progressive-Rock-Konzeptalbum versuchen, muss mindestens mit lebenslanger Ächtung seitens der UNO rechnen.

Um es ganz deutlich zu sagen: So furchtbar, wie das Cover aussieht (könnte glatt als vergessenes Promofoto von "Star Trek - Treffen der Generationen" durchgehen), so furchtbar klingt auch das Album dazu. Prog Rock? Damit hat die Scheibe ähnlich viel zu tun wie Miley Cyrus mit Erotik.

Erstmalig gibt es keine Coverversionen, alle Songs hat Shatner zusammen mit seinem Produzenten Billy Sherwood geschrieben. Heißt es. Vermutlich lief es so: Shatner rief Sherwood an und sagte: "Pass auf, mach' mir doch mal so 15 Musikstücke klar. Ich komm' nächste Woche für zwei Tage im Studio vorbei und lese eben schnell meine Texte vor. Ach, und die Altmusiker, die bei mir immer am Pool rumhängen, die schick' ich dir für ein paar Spielereien rüber."

Die Gästeliste kann sich nämlich durchaus sehen lassen. Robbie Krieger von den Doors, Mick Jones von Foreigner, Edgar Froese von Tangerine Dream, Steve Vai, Al Di Meola: Auf dem Papier klingt die Mischung verschiedener Talente fantastisch. Leider beschränken sie sich allesamt darauf, zum Standardgedüdel noch ein bisschen mehr zu düdeln. Ein wiederkehrendes Saxofon weckt sogar unangenehme Erinnerungen an den Mainstream-Pop der 80er Jahre, düstere Gedanken an Kerkerhaft bei Wasser und Brot kommen auf.

Man kann sich "Ponder The Mystery" folgendermaßen vorstellen: Shatner trägt seine Texte vor und betont sie, als wäre er gerade bei einer Spoken-Word-Performance. Wie viel Ironie da drinsteckt: Verhandlungssache. Ein akustisches Augenzwinkern lässt sich durchaus vernehmen. Laut Vertrieb handelt das Album vom "Älterwerden, ... Depression, Liebe und letztlich die allumfassende Schönheit des Lebens". Einmal mit alles, bitte!

Zu den gesprochenen Texten singt jemand irgendwelche Refrains und Strophen. Wer das sein könnte, darüber hüllt sich das Presse-Info leider in Schweigen. Gleichzeitig plätschert im Hintergrund drittklassiger Pseudo-Artrock der besonders langweiligen Sorte vor sich hin. Offenbar gab es ein explizites Verbot für originelle Einfälle. Je nach Song kopieren die Verantwortlichen jeweils bekannte Vorbilder, manchmal bis aufs I-Tüpfelchen. Steven Wilson könnte beispielsweise Tantiemen-Anspruch für "Sunset" anmelden.

Wenn denn wenigstens der Sound stimmen würde. Eine so schwachbrüstige Produktion ist mir lange nicht mehr untergekommen. Das Schlagzeug hat keinerlei Punch, die Gitarren keine Tiefe, alles wirkt einfach flach und damit uninteressant. Mit einer Ausnahme: Shatners Stimme hat mehr Bassfrequenzen spendiert bekommen als der arme Mensch, der hier als Bassist angeheuert wurde.

Fazit: Zwei Welten prallen aufeinander, die auch mit sehr viel Sekundenkleber kein Ganzes ergeben. Lass es gut sein, William. Genieß' deinen Lebensabend, nimm ein paar Hörbücher auf. Aber bitte kein weiteres Album wie dieses.

Trackliste

  1. 1. Red Shift
  2. 2. Where It's Gone...I Don't Know
  3. 3. Manhunt
  4. 4. Ponder The Mystery
  5. 5. So Am I
  6. 6. Change
  7. 7. Sunset
  8. 8. Twilight
  9. 9. Rhythm Of The Night
  10. 10. Imagine Things
  11. 11. Do You See?
  12. 12. Deep Down
  13. 13. I'm Alright, I Think
  14. 14. Where Does Time Go?
  15. 15. Alive

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