laut.de-Kritik

Beattechnisch sowie lyrisch besser und fresher als der Vorgänger.

Review von

"Wutang Again And Again", brüllten in den Jahren 93-94 die Hip Hop-Headz rund um den Globus, als der Clan mit dem Debut "Enter The 36 Chambers" der Rapwelt seinen Stempel aufdrückte. Das zweite Album "Wutang Forever" war dagegen vom Slogan "Wutang-Fans aller Länder vereinigt euch" geprägt. Ein zeitloses Doppelalbum, welches auch noch 2002 Maßstäbe setzen würde. Doch der größenwahnsinnige Plan der World Domination und der Nu Wu-Order musste scheitern. Schuld daran war der logische Wu-Sound-Overkill. Zudem ist kein Musikgenre so schnelllebig in Sachen Sympathie und Fame wie das Rapgame.

Auch oder gerade deswegen machte man 2000 mit dem dritten Album "The W" bewusst einen musikalischen und konzeptionellen Schnitt. Der Sound wurde wieder etwas rauher, lebendiger und die Reime etwas einfacher. Die Jungs klangen einfach wieder hungriger als die Jahre zuvor. Zwar verkaufte sich die Platte in den USA über eine Million Mal und auch bei uns war "The W" im Zuge der Single "Gravel Pit" ein voller Erfolg, doch nicht wenige Headz jenseits des Atlantiks wanden sich von den Wu's ab.

Pünktlich zu Weihnachten steht jetzt mit "Iron Flag" ein neues Wu-Album in den Läden, auf dem das überarbeitete und ergänzte Restmaterial der "The W"-Session verwendet wird (auch das Coverartwork stammt noch vom letzten Jahr). Es sei mal dahingestellt, ob die plötzliche Veröffentlichung nun von Loud erzwungen wurde oder ob noch so extrem viele Beats auf Halde lagen. Vielleicht spielen auch die sinkenden Verkaufszahlen eine Rolle, wer weiß. Fakt ist, dass sich der Wu-Tang Clan anscheinend der Schnelllebigkeit anpasst und genauso wie DMX, Jay-Z und Konsorten jetzt im Jahreszyklus Platten der gesamten Truppe veröffentlichen will. Fakt ist aber auch, dass die Qualität dieser Scheibe nicht darunter gelitten hat. Ganz in Gegenteil, "Iron Flag" ist ein Hammeralbum geworden und das liegt nicht nur an den Kung Fu-Samples, die wieder verstärkt zum Einsatz kommen. Beattechnisch sowie lyrisch besser bzw. fresher als der Vorgänger ordnet es sich auf der Klassikerskala locker zwischen den ersten zwei Werken ein.

So legt das Album auch gleich furios los, wie man es vom Produzenten Rza gewohnt ist. Das Intro ist bewusst kurz gehalten, ein tighter Beat, ein paar einleitende Verse sowie ein John Wu-Filmzitat müssen reichen, denn danach bricht das pure Chaos "In The Hood" aus. Stampfende Drums, Fanfaren, schneidende Scratches, aufheulende Sirenen, Kindergeschrei, Geballere, harte Straßenlyrik und Raggamuffin-Barde Suga Bang Bang im Refrain sind die Zutaten für großes Ghettokino im Songformat. Ohne Verschnaufpause gehts auch weiter: die wu'schen "Rules" werden aufgestellt. DJ Allah Mathematics hat einen Premier-artigen Beat zusammengebastelt, der im Refrain eine wilde Scratch-Orgie um das altbekannte "Wutang Wutang"-Gebrüll aufweist. Aussage: "Wir sind zurück, und egal ob Bin Laden oder Emcee, Watch your back and protect your neck, wenn du nicht mit uns bist."

In eine ähnliche Kerbe haut auch noch die erste 12" mit den Songs "Uzi (Pink Ring)" und "Ya'll Been Warned". Bei ersterem geht mit verschachtelten Old School-Drums und Trompeten förmlich die (L)Uzi ab, während letzteres mit einem groovenden Gitarrenloop nach vorne prescht. Lyrischer Sieger der beiden Stücke ist eindeutig Inspektah Deck, der im Verbund mit dem Gza ohnehin fast das ganze Album dominiert. Doch auch die Jungs aus der zweiten Reihe wie Masta Killa oder U-God stellen ihr Talent zur Schau.

Was das Album aber so interessant und gut macht, ist zweifelsohne seine Vielfalt. So findet man Verweise auf so ziemlich jede Phase der Wu- und Hip Hop-Geschichte. "Chrome Wheels" beispielsweise ist eine G-Funk-Reminiszenz. Rza wildert hier in Form seines Alteregos Bobby Digital erfolgreich in Dr. Dre-Gefilden und übertrifft mit dem grandiosen Refrain den Westcoast-Meister sogar noch. Auf "Soul Power" zeigt sich der Clan dann von seiner politischen Seite. Mit Public Enemy-Pausenclown Flava Flav wird die Geschichte der Schwarzen thematisiert. Der verschachtelte Beat hätte auch auf "The W" seinen Platz gefunden.

Noch weiter in die Wu-Vergangenheit zurück führen uns die Songs "Iron Flag", "Babies" und "Back In The Game". Der Titeltrack lehnt sich mit einem gepitchten Vocal-Cut anfangs stark ans legendäre "Shadowboxin" von Gza's 95er "Liquod Swords" an, nur um sich dann nach kurzer Zeit mit zirpenden Streichern hypnotisch in deine Gehirnwindungen zu bohren. Dagegen bilden die beiden anderen Stücke das jeweilige moderne Pendant zu den Wu-Klassikern "Cream" bzw. "Can It Be All So Simple" vom 94er Debut. Soul pur.

Trotz der vielen Style-Referenzen passt soundmäßig alles zusammen, dem Rza sei Dank, der es wieder mal geschafft hat, ein in der Atmosphäre stimmiges Album zu kreieren. Und es sollte euch nicht wundern, wenn er noch die eine oder andere Überraschung auf Lager hat, die hier aber nicht verraten wird. Hört selbst, denn es lohnt sich.

Trackliste

  1. 1. In The Hood - feat. Suga Bang Babg And Streetlife
  2. 2. Rules - feat. Street Life
  3. 3. Chrome Wheels - feat. 12 O'Clock, Prodical Sunn and Madame D
  4. 4. Soul Power (Black Jungle) - feat. Flava Flav
  5. 5. Uzi (Pinky Ring) - feat. Polite
  6. 6. One Of These Days - feat. Anne Peebles
  7. 7. Ya'll Been Warned
  8. 8. Babies
  9. 9. Radioactive (Four Assasins)
  10. 10. Back In The Game - feat. Ron Isley
  11. 11. Iron Flag
  12. 12. Dashing (Reasons)
  13. 13. The W (International Bonus Track)

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1 Kommentar

  • Vor 7 Jahren

    Meiner Meinung nach das "eingängigste" Album des Wu-Tang Clans. Das muss nicht heißen, dass es das Beste ist, aber es gehört zumindest zu den Besten Releases. Eine runde Sache, vielseitige Inhalte/Texte, samplelastige und dennoch knallende Beats sowie eine Gesamtatmosphäre, die für Gänsehaut sorgt. Trotz oder gerade wegen der "Eingägigkeit" des Sounds, kann man das Album problemlos auf Endlosschlaife durchhören. WU WU WU!