laut.de-Kritik
Das Licht am Ende des Tunnels.
Review von Eberhard DoblerEingeweihte sehen in der Familien-Crew aus New Yorks Stadtteil Staten Island das wichtigste Hip Hop-Projekt der Neunziger. Just als New Jack Swing-Partyschreck MC Hammer das Ruder zu übernehmen drohte, schlug es ihm der neunköpfige Wu-Tang Clan aus der Hand und gab dem Hip Hop roughe Beats, den aggressiven Street-Style und seine Soul-Wurzeln zurück. Ein folgenreiches Unternehmen, auf das "Legend Of The Wu-Tang" zurück blickt.
Die allererste Wu-Tang-Maxi poltert 1993 mit dem lässigen Mitgröl-Kopfnicker "Method Man (Skunk Mix)" und dem oldschooligen "Protect Ya Neck (Bloody Version) los. Das Fundament ihres Rufs als Speerspitze des derben Sounds legte ein Jahr später das Album "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)" mit dem bittersüßen "Can It Be All So Simple", dem holprigen "Shame On A Nigga" oder der Aggro-Nummer "Wu-Tang Clan Ain't Nuthing Ta F' Wit" - frustrierte Street-Headz müssen damals das Licht am Ende des Tunnels gesehen haben. Fast die Hälfte der Greatest Hits-Tracks stammt vom Debüt.
Zahlreiche Solo-Alben später schlägt 1999 der Zweitling "Wu-Tang Forever" ein neues Kapitel Produktionsgeschichte auf. Die Tracks klingen klarer, die Beats durchschlagender. "Reunited" integriert als einer der ersten Rap-Tracks eine improvisierte Violine. Der Track zeigt, dass der Clan selten zögerte, seinem Publikum auch Ungewohntes abzuverlangen. Das melancholische "It's Yourz" basiert auf der Modulation des mächtigen Grooves, während "Triumph" in sich ruhend die Philosophie des Clans zelebriert. "Gravel Pit" vom rüder produzierten Nachfolger "The W" (2000) brachte dank des aufwändigen Videos und eingängiger Refrain-Frauenvocals hierzulande den ersten Top Ten-Hit. Schade, dass es das absolut tödliche "Careful (Click, Click)" nicht auf die Compilation geschafft hat.
Vom abwechslungsreichen und teilweise ungewohnt dicht produzierten Album "Iron Flag" (2001) ist nur der prägnante Kracher UZI (Pinky Ring)" mit seinen Bläsern übrig geblieben. Zwei Soundtracks und ein Sampler-Beitrag runden die Compilation ab. Das Run DMC-Covers "Sucker M.C.'s" ("In Tha Beginning ... There Was Rap"-Sampler) knallt gnadenlos, der heimliche Hit bleibt aber "Shaolin Worldwide" vom Ice Cube-Film "Next Friday". Ein klischeefreier Track, der in jedem Mainstream-Hip Hop-Club laufen kann. Dazu kommt der im Vergleich zum Doppelalbum "Wu-Tang Forever" ziemlich rauhe Track "Diesel" ("Soul In The Hole", 1998).
Die bis auf einige Ausnahmen minimale, oft mantramäßige Instrumentierung zieht sich wie ein roter Faden durch die Platten. Auffällig auch, dass sich Wu-Tang-Beatmaster RZA dabei den Entwicklungen der innovativen Black Music-Beatschmieden nie anpasste - der Clan funktioniert eben nur mit absoluter Eigenständigkeit. Die expliziten "Machinegun-Raps" von GZA, Ol' Dirty Bastard, U-God, Ghostface Killah, Method Man, Raekwon, Masta Killa sowie der aufpeitschende Style des zeitweise co-produzierenden Inspectah Decks flowen nie angestrengt oder erzwungen. Bei aller Härte bleibt immer eine unverkrampfte Laid back-Attitüde. Der Hardcore-Anhänger dürfte die rareren Stücke schon im Schrank haben. Alle anderen dürfen zugreifen.
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