laut.de-Kritik

Knietief im Kraut.

Review von

Ein klares "Ja!" So in etwa stelle ich mir Francis Tobolskys Antwort auf die Frage vor, welche Rolle sie in ihrer neuen Band einnehmen wolle. Die Erstbesetzung von Wucan im Jahre 2011 kam wohl erst nach und nach dahinter, welchen Wirbelwind an Lead-Sängerin sie sich da eingefangen hatte. Neben ihrer Stimme schleppte Francis nämlich auch noch Gitarre, Querflöte und Theremin mit in den Proberaum, und eine der spannendsten Rockbands Deutschlands war geboren. Francis Tobolsky selbst ist sicher eine der extrovertiertesten Frontfrauen des hiesigen Rock (überzeugt euch davon gerne live), dazu verfolgt kaum eine Band so konsequent ihre Wurzeln im Krautrock der 70er Jahre.

Nach den beiden überzeugenden Alben "Sow The Wind" und "Reap The Storm" veröffentlichen die Dresdener mit "Heretic Tongues" nun Longplayer Nummer drei. Schon beim ersten Anspielen fällt auf, dass die neue Scheibe ein Stück weit aggressiver klingt als ihre Vorgänger. "Kill The King" ist dennoch unverwechselbar Wucan, ein mit Querflöte garniertes Riff grooved durch den Song. Ruhige Passagen wechseln sich mit schnellen Hardrock-Parts, "Hey Na Na"-Mitsing Part inklusive. "Don't Break The Oath" setzt noch einen drauf, energetisch rollt die Nummer vorwärts, Wucan brechen die Spannung des Songs aber immer wieder auf, spielen mit dem Spannungsfeld zwischen Beruhigung und Explosion. Starker Einstieg.

Die Dresdener sind sich nicht nur ihrer musikalischen, sondern auch ihrer kulturellen Wurzeln bewusst und haben kein Problem damit, Songs in ihrer deutschen Muttersprache zu verfassen. "Fette Deutsche" befasst sich mit Klischees und Zorn gegenüber den Landsleuten. Musikalisch spielt sich das Ganze in gewohnten Sphären ab, ein bisschen Proto-Metal, ein bisschen Flöte, ein ruhiger Teil und die Nationalhymne findet am Ende auch noch Platz. Bemerkenswert ist, mit welcher Selbstverständlichkeit Wucan diese Zutaten nach über zehn Jahren Bandgeschichte zu absolut stimmigen und überzeugenden Nummern verschmelzen.

Auf "Far And Beyond" probiert sich das Quartett an einem ganz neuen Genre-Mix aus. Synthie-Klänge gemischt mit Discobeat? Auf einem Wucan-Album auf jeden Fall mal was anderes. Der Rockteil kommt aber selbstverständlich nicht zu kurz, und auch Francis Tobolsky zeigt, was sie drauf hat. So kombinieren Wucan all diese Zutaten zu einer großen Hymne. Eine experimentellere und verspieltere Herangehensweise an das selbe Thema liefern die Sachsen auf "Far And Beyond (Until We Meet Again)" direkt hinterher. Etwas weniger hymnisch, etwas dissonanter und mit etwas abgefahreneren aber pointierten Synthie-Sounds wird die Nummer trotzdem zu etwas eigenständigem.

Ein weiteres Beispiel für die Verbeugung vor den eigenen Wurzeln ist die Coverversion "Zwischen Liebe und Zorn". Wucan transportieren den Klaus Renft-Song mit ihrem ureigenen Stil in die Gegenwart. Francis Tobolsky klingt eher nach Nina Hagen als nach Janis Joplin, singt, schreit und krächzt durch die Nummer und teilt das Mikro auch mit einem ihrer Kollegen. Mit "Physical Boundaries" beschließt eine über zwölfminütige Hymne in bester Prog-Tradition das Album. Sich langsam aufbauend, beinhaltet die Nummer genug Ideen für mindestens drei Songs.

Noch nie haben sich Wucan auf den ausgetretenen Pfaden des Retro-Rock bewegt, sondern sind lieber ihre eigenen Wege gegangen. "Heretic Tongues" bildet da keine Ausnahme. Diese Herangehensweise mag manchen etwas sperrig ins Ohr gehen, auch geht den Sachsen ein gewisses Hitpotential ab. Wucan untermauern mit ihrem neuen Album aber einmal mehr ihre Eigenständigkeit und Ausnahmestellung in der hiesigen Rocklandschaft.

Trackliste

  1. 1. Kill The King
  2. 2. Don't Break The Oath
  3. 3. Fette Deutsche
  4. 4. Far And Beyond
  5. 5. Far And Beyond (Until We Meet Again)
  6. 6. Zwischen Liebe Und Zorn
  7. 7. Physical Boundaries

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