laut.de-Kritik

Mit viel Melancholie auf dem Weg in Richtung Mainstream.

Review von

Mit einer Melange aus Cloud Rap, Trap und R'n'B bewegt sich Yael nah am Zeitgeist. Nach der EP "L.U.V." spart sie nun die leichteren Themen aus, um sich ganz dem Gefühlsrepertoire einer reiferen, aber nach wie vor mit ihrer Umwelt hadernden Erwachsenen zu widmen. Dementsprechend erhält ihre Musik auf "Story Of A Stranger" einen deutlich melancholischeren Einschlag. Dazu taucht sie ihre Vocals in ein meist wohldosiertes Autotune-Bad, das eine allzu große emotionale Distanz zum Hörer zu verhindern weiß.

Einleitend kreiert sie mit dem Trennungslied "C'est La Vie" ein edles Ambiente. Wenn sie nicht mitunter durch den Text hetzte, ginge der Song regelrecht als Lounge-Musik durch. Die in die Brüche gegangene Beziehung kommentiert Yael lapidar: "Die Wege haben sich getrennt, Zeiten ändern sich, c'est la vie". Das klingt im folgenden Stück "Antwort" bereits deutlich weniger abgeklärt: "Manche Dinge werd' ich nie verstehen. Ich bezweifel', dass es eine Antwort gibt. Was ich weiß, ich will dich wiederseh'n". Geschickt gelingt es Yael, eine tiefsitzende Schwermut zu transportieren.

"Keiner weiß, wenn ich wein', bin ich meistens allein", gesteht sie in "Allein". Wie zuvor bereits Spax und Babsi Tollwut auf ihren Alben quält sich auch Yael mit dem Zustand der Isolation: "Liege wach im Bett und fühl' mich wieder mal so einsam". Währenddessen hallen im Hintergrund Stimmen durch die Weiten des leeren Raumes. Eine andere Form der Einsamkeit skizziert sie mit konventionellen Rap-Parts in "Story Of A Stranger", in dem sie das Großstadtleben aus sicherer Distanz betrachtet: "Studierte euer Regelwerk, aber ohne Erfolg." Die gebürtige Ludwigshafenerin bleibt ein "Alien".

Ein frühes Highlight bildet "Tango Tanzen". Zur stilvollen Klavierbegleitung schwebt Yael durch den Song und zeigt sich mit sich selbst im Reinen: "Zwei Schritte nach vorne und einen zurück. Ja, so spielt das Leben, ich tanz' mit dem Glück". Zugleich erkennt sie die Gefahr, durch einen allzu traumtänzerischen Lebensstil aus dem Takt zu geraten: "Ich werde leichtsinnig, verlier' mein Gleichgewicht". Um die elegante Nummer abzurunden, hätte ihr etwas weniger Autotune gutgetan, so gleitet die unverfälschte Leichtigkeit ein wenig ins Künstliche ab.

Das gilt in ähnlicher Weise für das anschließende Stück "Narben", das nichtsdestotrotz den überdeutlichen Höhepunkt ihres Debüts markiert. Ihre Hip Hop-Prägung hindert sie nicht daran, furchtlos die wichtigsten Ingredienzien einer Radiosingle zusammenzumischen. Ein nachvollziehbares, aber nicht konkret ausformuliertes Thema, das sich in einem schnell festsetzenden Refrain gefühlvoll entfaltet: "Sie sagen, alle Wunden heilen mit der Zeit. Auch wenn der Schmerz vergeht, die Narbe bleibt".

Auch wenn Yael nicht gleich die Charts in Beschlag nimmt, sollte sie spätestens mit "Narben" den Anschluss an den Mainstream finden. Mit "Story Of A Stranger" gelingt ihr ein charismatisches Debütalbum, das dem Hörer jede Menge Möglichkeiten bietet, emotional anzudocken. Die schwächeren Momente lassen sich dagegen fast durchweg den Auftritten der Gastrapper zuordnen ("Change", "My Way"). Zwar mag die Musikerin nach einer "Zeitmaschine" Ausschau halten, doch ihr Mindset bleibt fest in der Gegenwart verankert: "Sag', wer weiß schon, was die Zukunft bringt?".

Trackliste

  1. 1. C'est la vie
  2. 2. Antwort
  3. 3. Change (mit Loop)
  4. 4. Iruntings
  5. 5. Tango Tanzen
  6. 6. Narben
  7. 7. Allein (mit Vør)
  8. 8. Zeitmaschine
  9. 9. Story Of A Stranger
  10. 10. Juicy
  11. 11. Thinkin' (mit Pnksand)
  12. 12. My Way (mit Peso)

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