laut.de-Kritik
Sinnliche Stimme zwischen Club-Sounds und Akustik-Elementen.
Review von Artur SchulzMarylin Monroe ist noch gar nicht gestorben! Sie lebt, hat inzwischen den Namen Zeebee angenommen und veröffentlicht mit "Priorities" ihr zweites Album. Dieser Eindruck entsteht zumindest beim Opener "Zeebee Case" der in Österreich beheimateten Künstlerin.
Schwungvoll und treibend geht es im Big Band-Sound sofort zur Sache. Mit verführerischer Stimme weckt die Sängerin Assoziationen an "Diamonds Are A Girls Best Friend" und "Heat Wave". "History Repeating", jene glänzende Zusammenarbeit der Propellerheads mit Shirley Bassey aus dem Jahr 1997, lässt ebenfalls grüßen. All das verpackt in einen mitreißenden Mix aus schmissigen Bläser-Elementen und effektvollen Elektronik-Klängen.
Zeebee hat auf ihrem Album aber eine Menge mehr zu bieten, als sich rasch abnutzende Marylin Monroe-Reminiszenzen. Auf eine ganz persönliche Weise überzeugt die Sängerin und Komponistin mit der Vorstellung ihrer musikalischen Welt. "Priorities" ist das elegante, stimmungsvolle Song-Accesoire für Clubs der gehobenen Klasse. Der Titeltrack schielt gezielt auf den Dancefloor des Club-Bedarfs. Die gut gesetzte, straighte Duane Eddy-Hallgitarre und dezente Eighties-Anleihen erzeugen Spannung.
Mit krachenden Backbeats wird Ella Fitzgeralds "A Tisket A Tasket" adaptiert und in die Neuzeit transportiert. Im tempomäßig zurückgenommenen "Sticks" schaffen sphärische Klänge Chill-Atmosphäre. "Cards And Signs" vermittelt Sinnlichkeit vor einem kühlen Techno-Vorhang. Zeebees Stimme schwirrt sinnlich-verspielt über die Beats und Melodie-Breaks. "Sunny Friend" setzt als Stilmittel das beliebte Vinyl-Knistern ein und erzählt seine Geschichte vor dem Hintergrund von Synthie-Regenfällen und präsentem Glockenspiel.
Melodien tauchen auf und verschwinden, um später unerwartet wiederzukehren; Rhythmuswechsel innerhalb der Titel sind keine Seltenheit. Als zweites Cover steht der Klassiker "Fever" auf dem Programm. Die Umsetzung ist zwar gelungen, allerdings nicht sonderlich aufregend. Ein unverbrauchter und nicht so oft interpretierter Song wäre sicher von Vorteil gewesen. "Cartoonboom" bringt mit einem erneuten Stilwechsel wieder frischen Wind in das Album: Mit seinen Beats und scheppernden E-Gitarren steuert dieser Song in Richtung Blondie und B-52's. Natürlich nie im tatsächlich schmutzig-rotzigen Punkoutfit, sondern in gepflegter New Wave-Abendgarderobe.
Zeebes Musik-Melange ist eine vergnügliche Zitate-Reise durch rund vier Jahrzehnte der Pop-Geschichte. Hier eine Prise Ultravox, da eine kleine Dreingabe Shakespears Sister, gut gesetzte Sound-Effekte – die Künstlerin legt sich mit viel Charme und Engagement in die Kompositionen. Orgeltupfer, Pianos, Dubs und Akustik-Sounds sind stimmig in die Songs eingebettet. In einigen Momenten erinnert Zeebee an die Arbeiten des Holländers Taco, der in den achtziger Jahren allerlei Swing-Standarts in ein Synthiepop-Gewand hüllte. Seine Version von Fred Astaires "Puttin' On The Ritz" besaß bereits einiges von dem Soundkonstrukt, das Zeebee hier ausbreitet.
Gut, ein paar Längen sind auf dem Album zwar ebenfalls auszumachen, doch die Anzahl der gelungen gewebten Tracks überwiegt eindeutig. Und Vorsicht: Zeebes süß durch die Melodien und Rhythmen tanzende Stimme birgt hohes Sucht-Potenzial. Das ist die Stimme, von der man sich gern einmal ein sinnlich gehauchtes "Happy Birthday" trällern lassen würde – wie es Marylin für J.F.K. einst so unvergesslich zelebrierte.
Noch keine Kommentare