laut.de-Kritik

Gruselkabinett mit Kannibalismus und Satanismus.

Review von

Das Ende des Zombie-Booms kündigt sich bereits seit einigen Jahren an. Über ein volles Jahrzehnt arbeiteten sich Filme und Serien an den Endzeitszenarien ab. Doch nicht nur die Quoten des früheren Genre-Fixsterns "The Walking Dead" schwächeln. Mit der Corona-Pandemie dürfte die Figur des Wiedergängers für eine Weile liegenbleiben. Denn wenn eine reale Seuche den Alltag derart umfassend bestimmt, wie es seit gut einem Jahr der Fall ist, sollte sich der Bedarf an fiktionalisierten Formen in Grenzen halten. Ein ähnliches Schicksal drohen die Rapper von Zombiez zu erleiden.

Um sich trotz der Untoten-Flaute weiterhin Gehör zu verschaffen, muss die Band mehr liefern als ein reines Gruselkabinett. In "Gott Ist Tot" verfolgten sie tatsächlich einen politisch-philosophischen Ansatz. "Für mich ist das Zombie-Sein auch eine Art Sozialismus", erläuterte damals Basstard, der in der Gruppe die Figur Purple Z verkörperte. Doch der Horrorcore-Veteran stieg vergangenes Jahr aus und hinterließ mit Tamas, G-Ko und MaXXi.P drei talentierte Rapper, denen zu ihren chaotischen Dark-Trap-Instrumentals fast ausschließlich Klischees um Kannibalismus und Satanismus einfallen.

Nur vereinzelt tauchen sie unter die schaurige Oberfläche. "Letztes Mahl" verspricht zunächst einen Delinquenten zu seiner Hinrichtung zu begleiten. Doch schon in der zweiten Strophe verliert sich die Grundidee wieder. Das Muster wiederholt sich in "Familie". "Wir sind deine Family und machen Mucke für die ohne Hoffnung und die Sippschaft. Wenn du den heutigen Hip-Hop-Mist hasst und du lieber Slipknot hörst, bis das Genick knackt", bemühen sie sich mit einer verständnisvollen Ansprache, um gleich wieder in Richtung Nekrophilie und Necronomicon abzudriften.

"Verlass' das Leben mit 'nem Strick um den Hals. Denn nur er gibt mir Halt." Mit "Galgen" wagen sich Zombiez an das Thema Selbsttötung heran, dem sie in kitschiger Grusel-Ästhetik seine Ernsthaftigkeit nehmen. Damit lassen sie jene Glaubwürdigkeit missen, die Perverz auf "Mein Kopf Zerplatzt 3" an den Tag legte. "Jeder Schritt auf der Klappleiter-Stufe ist ein Schritt in Richtung Zufriedenheit." Der stabile Auftritt des US-Rappers Young Wicked wirkt durch seine Bemühungen, deutsche Begriffe einzustreuen, sogar recht witzig, womit er sich allerdings noch schlechter einfügt.

Technisch begegnen die Gäste aus Übersee den untoten Rappern zumeist auf Augenhöhe. Vor allem C. Ray und Twisted Insane überzeugen in "Die Slow". Doch auch das hiesige Trio Nord Nord Muzikk hält einwandfrei mit. Burgos wiederum tritt als Lil-Peep-Imitat in "TFTC" auf. Zumindest weist der ruhige Song eine Handvoll aktueller Bezüge auf, auch wenn eine tiefergreifende Analyse anders aussieht: "Irgendwann da kam die Seuche, existenzbedrohende Viren. Kenne sowas nur aus Kino. Alle merken, sie hängen zu fest an diesem Leben. Plötzlich wollen alle Bürger nur in Frieden leben."

"Kein Vaterunser, kein Ammenmärchen", verspricht Tamas in "Hellfire", als ob er sich nicht seit einer Stunde durch das Album fabulieren würde. Die bislang so dominante Religionskritik schrumpft auf "Zatan Lebt!" auf Aussagen im Stile von "Ich scheiß' auf Gott" zusammen. Zumindest Swiss greift einigermaßen pointiert an: "Die institutionalisierte Religion ist eine Pest." Wenn Zombiez dann aber in "Bodybags" von "toten Chorknaben" und Nonnen schwadronieren, die sich nach "echten Männern" sehnen, wächst die Verlockung, die Kirche vor diesem Mumpitz in Schutz zu nehmen.

Nach ihrem beachtlichen Debüt "Gott Ist Tot" brechen die Zombiez hörbar ein. Die Entwicklung zeichnete sich bereits in ihrer EP-Sammlung "Schande" ab, die sich ausgehend vom atmosphärischen und kritischen Horrorcore von "Schande Buch 1" in das völlige Chaos von "Rotten Goat" hineinsteigerte. Tamas, G-Ko und MaXXi.P verteidigen mit "Zatan Lebt!" ihren Status als hervorragende Rapper, doch wenn das Hintersinnige, das Politische, das Philosophische entfällt, verbleibt eine Gruppe junger Männer, die in Kunstblut badet und sich Gruselgeschichten erzählt.

Trackliste

  1. 1. Black Church
  2. 2. Generation Z
  3. 3. Letztes Mahl (mit Donvtello)
  4. 4. Russenhocke
  5. 5. Galgen (mit Young Wicked)
  6. 6. Pusherbag
  7. 7. TFTC (mit Burgos)
  8. 8. Die Slow (mit C. Ray und Twisted Insane)
  9. 9. Familie
  10. 10. Bodybags (mit Nord Nord Muzikk)
  11. 11. Homicide
  12. 12. Tundra
  13. 13. Dreck (mit Drave, MnYPnK und Deadmemxry)
  14. 14. Blut (mit Crystal F)
  15. 15. Hellfire (mit Ghostkid)
  16. 16. Zatan Lebt! (mit Swiss & Die Andern)

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