25. Januar 2004

"Die Hits haben wir noch aufgespart ..."

Interview geführt von

2003 melden sie sich zurück, um es allen zu zeigen: Ihr Zweitling "Zoot Woman" strotzt nur so vor Eigenständigkeit und erhält durchweg positive Kritiken. Zwar sind die Einflüsse des 80s-Pop unverkennbar, jedoch recyclen Zoot Woman nicht einfach frühere Erfolgskonzepte, sondern kreieren gepaart mit Songwriting im Indierock-Schema ihren ganz eigenen Style. Wir sprachen mit Zoot Woman am Rande ihres Konzertes in der Roten Fabrik in Zürich.

Ihr seid das erste Mal in der Schweiz?

Adam: Nein, wir haben schon vor zwei Jahren ein paar Gigs hier gespielt.

In Zürich?

Adam: Einen in Zürich, einen in Fribourg. Aber das war, bevor unser zweites Album erschienen ist, weswegen das Set um einiges kürzer ausfiel. Die Fans hatten größere Erwartungen, aber wir konnten nicht viel länger als eine halbe Stunde spielen. (lacht beschämt)

Habt ihr damals in größeren Hallen gespielt?

Adam: Nein, das war alles etwa die selbe Größe wie hier.

Bereits lange vor eurem Debütalbum hattet ihr einige Songs, die jedoch niemals veröffentlicht wurden. Kannst du mir sagen, warum? Ich habe mir mal einen aus dem Internet heruntergeladen, und muss sagen, er gefiel mir ganz gut.

Adam: Wie ist denn der Name des Songs?

"You Got the Bread".

(Stuart und Adam lachen, und sogar Johnny, der sehr müde wirkt, taut etwas auf)

Stuart: "I Got The Bread"!

Adam: Tatsächlich wurde dieser Song veröffentlicht, auf einer CD namens "Chasing Cities". Aber viele der Songs die wir schrieben, bevor Johnny als Sänger in die Band kam, wurden nicht releast.

Die Songs auf "Living In A Magazine" unterscheiden sich aber doch sehr stark von diesen früheren Produkionen.

Adam: Wir wollten nicht, dass Zoot Woman mit diesen 'Klang-Collagen' an den Start geht. Wir legen Wert auf klare Song-Strukturen. Dies ist auch der Grund dafür, dass es nach diesen ersten Gehversuchen noch so lange dauerte, bis "Living In A Magazine" herauskam.

Mit eurem zweiten Album ist das nicht anders. Der Stil hat sich wieder stark verändert. Im Vergleich zu den vielen 80s-Pop Anleihen des Vorgängers wirkt euer Zweitling mehr wie ein Indie-Rock Album.

Adam: Diese Entwicklung ergab sich wohl dadurch, dass wir 2001 sehr viel live unterwegs waren. Unsere Erfahrungen von damals haben wir in das neue Album eingebracht. Es ist uns sehr wichtig, dass man uns als Live-Band sieht. Wir touren daher nur noch zu dritt, also nur die Leute, die auch für das Album verantwortlich zeichnen. Wir wollen keine Sessionmusiker mehr auf der Bühne. Wir denken es funktioniert ganz gut so, mit mir an den Drums, Stuart am Bass und Johnny an der Gitarre. Also ziehen wir es durch.

Warum seid ihr eigentlich immer noch bei "Wall Of Sound"?

Stuart: Good Question! (Alle lachen)

Meint ihr, euer Sound passt wirklich in das Konzept dieses Labels?

Stuart: Wir gingen zu Wall Of Sound, weil sie unseren Plattenvertrag unterschrieben. Für uns ist die Plattenfirma vollkommen unwichtig. Wir nahmen unsere Platten schon immer in unserem eigenen Studio auf, kreierten unser eigenes Image. Alle Entscheidungen liegen bei uns selbst. Die Plattenfirma übernimmt letztlich nur die Organisation der Musik, Bookings, Vertrieb. Ich denke, keiner von uns sieht mehr oder weniger in ihr als das.

Adam: Ich denke, im Grunde ist es ganz egal, ob du auf einem Independent- oder einem Majorlabel erscheinst. Da Wall of Sound Independent ist, hatten wir mehr Freiheiten, das zu tun, was wir tun möchten. Es ist ein bisschen ein Klischee, wenn man sagt, Independent sei gleichbedeutend mit Freiheit. Aber bei Wall Of Sound ist das wirklich so. Wir können machen, was wir wollen, und sie schauen, dass sie mit dem Ergebnis etwas anfangen können.

Es gibt keine so offensichtlichen Hit-Singles wie "Living In A Magazine" auf dem neuen Album, war das beabsichtigt?

(Alle lachen, machen sich lustig über meine Frage)

Stuart: War das vorsätzlich? JA!

Adam (ironisch): Wir haben uns all die Hits für das dritte Album aufgespart ...

Wie verläuft bei euch der Songwriting-Prozess?

Stuart: Sehr individuell, wirklich. Wir sind anfangs nie gemeinsam im Studio. Erst gegen Ende des Songwritings kommen wir zusammen. Ganz einfach, weil wir unseren eigenen Freiraum brauchen, um kreativ zu sein. Später kommen wir dann zusammen, um den Song fertigzustellen.

Stuart, was ist mit deinem Soloprojekt "Les Rhythmes Digitales"? Arbeitest du auch daran? Wird es vielleicht bald ein neues Album geben?

Stuart: Ja. Ich werde demnächst auch mit einem weiteren Soloprojekt starten. Ich bin mir noch nicht sicher über den Namen. Ich tue das, da ich persönlich gerne Dance-Music mache, Musik, die mehr auf die Clubs ausgerichtet ist. Zoot Woman verarbeitet zwar auch Elemente der Dance-Music und bringt sie in den Kontext einer Band - gerade das macht für mich auch den Reiz aus - ein Loop wird live performt von einer Band, mit all der Dynamik, die von dieser Band ausgeht. Das macht es für mich aufregend. Aber mein Solomaterial basiert sehr stark auf elektronischen Sounds.

Du hast Madonna auf ihrer "Music"-Tour begleitet. Wie war die Arbeit mit ihr?

Stuart: Das ist jetzt wirklich bereits eine Weile her. Aber es war gut. Es war alles sehr groß angelegt. Es ist eine ganz andere Größenordnung als unsere Auftritte mit Zoot Woman. Aber ich gebe keinem von beiden den Vorzug. Beides hat seine guten und seine schlechten Seiten.

Gab es damals einen Zeitpunkt, an dem die Zukunft Zoot Womans gefährdet war?

Stuart: Vielleicht gab es ihn. Aber wir sind stark genug, um nicht gleich auseinander zu brechen, nur weil wir etwas länger getrennt sind.

Zoot Woman wird aber immer dein wichtigstes Projekt sein, oder?

Stuart: Ja, sicher. Zoot Woman ist das am längsten bestehende Projekt, bei dem ich mitwirke. Es ist aber nicht die Frage, was für mich am wichtigsten ist. Zoot Woman ist nie in Gefahr, beendet zu werden. Dazu müssten Impulse von außen kommen. Vielleicht durch Johnnys Soloprojekte. (grinst)

Hast du denn irgendwelche Soloprojekte, Johnny?

Johnny (sehr ironisch): Oh, ja, sicher. (alle lachen) Nein - mit der Scheiße habe ich nichts zu tun. Bei unseren letzten zwei Alben habe ich mich sehr auf die Arbeit mit Zoot Woman konzentriert. Ich hatte sehr viel Spaß an meiner Arbeit als Texter und auch als Sänger.

Wie ist es denn für euch als Brüder, gemeinsam in einer Band zu sein?

Manchmal ist es hart. Die ganze Zeit zusammen sein zu müssen auf Tour. Hast du einen Bruder oder Schwester?

Ich habe einen jüngeren Bruder. Und wir hatten viel Ärger in der Vergangenheit. Deswegen frage ich.

Man versucht, die Dinge weniger persönlich zu sehen. Professionell zu sein. Irgendwann geht dir jeder mal auf den Keks, mit dem du längere Zeit auf Tour bist. Man lebt eben sehr dicht beieinander, living in each others pockets. (alle lachen)

Wäre das nicht ein toller neuer Songtitel, "Living In Each Others Pockets" ...

Stuart, Adam (singen): Living in each others pockets ... (lachen)

So, ich denke das wars dann auch. Wir müssten genug haben.

Stuart: Cool.

Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Andreas Hierling.

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