2017 war auf laut.de jeder Tag Frauentag: Monatliche Listen, grob sortiert nach Genre oder Thema, präsentieren 365 Interpretinnen und Bands.

Konstanz (laut) - Musik ist Männersache? Von wegen! Wir machen 2017 jeden Tag zum Frauentag und bringen euch, grob sortiert nach Genre oder Thema, übers Jahr verteilt 365 Künstlerinnen und weiblich besetzte Acts nahe. Jeden Monat eine Liste.

Folge 1: Soul & Funk

Wozu das Ganze? Sven Kabelitz, Initiator der Reihe, erklärt in der Vorrede seine Motivation:

"Sobald Frauen in Kritiken, Interviews oder News in den Mittelpunkt rücken, werden sie regelmäßig auf ihr Äußeres reduziert. Um verdienten Respekt zu erhalten, muss eine Frau weitaus mehr leisten als ihr männliches Gegenüber. Frauen sind 'süß', 'sexy' und 'heiß', können sogar 'fast so gut' wie Männer rappen und Gitarre spielen. Für manche Genres wie Folk dürfen sie dann wieder bloß nicht zu gut aussehen."

"Selbst eine Legende wie Janis Joplin lässt sich innerhalb von zwei Sätzen ruckzuck auf einen Blowjob reduzieren, den sie angeblich einst Leonard Cohen gab ("Chelsea Hotel #2"). Selbst, wenn der Sänger diesen Zusammenhang später bestritt. Wie eine Freundin treffend zusammenfasste: 'Willkommen im Leben als Frau: Du kannst eine der größten Sängerinnen überhaupt gewesen sein, woran sich die Kerle erinnern, ist, wem du mal einen geblasen hast.'"

Folge 2: Deutsche Texte

Indie- und Electro-Pop, Noise- und Psychedelic-Rock, Post- und Meta-Punk, Electroclash und Chanson, selbst Schlager: ein wilder Ritt durch die unterschiedlichsten Genres. Als Thema und verbindendes Element dient diesmal der deutschsprachige Gesang.

Judith Holofernes rätselt im Vorwort über die möglichen Ursachen dafür, warum es so schwer ist, Musikerinnen für ihre Live-Auftritte zu finden, schließt aber optimistisch: "Aber vielleicht ist der vielbesungene Niedergang der konventionellen Plattenindustrie ja auch eine Chance, weniger hierarchische, menschenfreundlichere Strukturen zu schaffen, die netten Leuten ­ und Frauen im Besonderen - ganz schlicht mehr Spaß machen könnten. Auf jeden Fall: Mädchen, lernt Schlagzeug spielen. Oder Gitarre, aber richtig. Ihr werdet euch vor Jobs nicht retten können."

Linus Volkmann, Autor und Musikjornalist, fragt sich nach einem Interview mit Schnipo Schranke, die keinerlei Bock zeigten, ihre Sicht "als Frau" zu erläutern: "Wieso muss denn jede weibliche Band zu diesem Thema Stellung beziehen? Die rigorose Absage hinsichtlich dieses leeren Journo-Reflex' ist einfach nur ihrer Zeit voraus – und schon an einem Ort, von dem alle Frauen (und zurechnungsfähigen Typen) träumen. Ein Ort, wo es nämlich wirklich egal ist, welche Geschlechter die Bühne besetzen. Da bis dahin aber noch viele Schlachten und Diskussionen geführt werden müssen, freut man sich allerdings trotzdem über die weiblichen Role-Models im Männerheim Popkultur."

Folge 3: Rap & Hip Hop

Unter Kopfnickern dürfte es besonders schwierig sein, genügend weibliche Künstler aufzutreiben? Von wegen! Hier fanden sich so viele, dass sie gar nicht alle Erwähnung finden konnten, wenn auch nicht unbedingt im deutschsprachigen Raum.

Darauf, dass sich das auch irgendwann ändert, hofft Rapperin Sookee: "Ich hätte auch Cello lernen oder Countrysängerin werden können. Ich kann mich auch aus Hip Hop verpissen, wenns mir nicht passt. Ich hab irgendwo mal gelesen: 'Rap hat keine Probleme, Rap hat Sookee.' Tolle Ambivalenz, nicht wahr? Oder aber, ich bleib' solange auf der Bühne wie ich Bock drauf hab'. Denn ich bestimme genauso, was Hip Hop ist. Entgegen aller Vernichtungsphantasien. Deal with it."

Kollege Kool Savas, von Sookee eben noch als Paradebeispiel für sexistische Texte herangezogen, outet sich derweil als Feminist: "Ich bin schon Feminist, bis zu einem gewissen Maß. Aber ich bin auch Realist. Ich glaube, dass Frauen und Männer grundlegend verschieden sind, und ich find' das auch nicht schlimm. Ich find' das sehr schön. Wenns nicht so wäre, wäre es komisch für mich. Es soll niemandem zum Nachteil ausgelegt werden, aber ich denke schon, dass es grundlegende Unterschiede gibt, allein schon bei der Herangehensweise. Wie man Dinge macht, wie man seine Kunst lebt."

Folge 4: Elektronik

Der Streifzug durch Electro-Pop, House oder Minimal Techno zeigt: Hier fanden sich schon immer innovative Frauen, die ihren männlichen Kollegen künstlerisch eine lange Nase drehen. Obwohl es die Gesellschaft ihnen ungemein erschwerte, brachten weibliche Freigeister das Genre bereits voran, als die Jungs von Kraftwerk noch bestenfalls ein Leuchten in den Augen ihrer Eltern waren.

"Elektronische Musik interessierte mich nie unter dem Aspekt, ob sie von einer Frau oder einem Mann produziert wird", macht Elle P keinen geschlechtsspezifischen Unterschied. "In der Vorderkammer meines Pulsschlags flimmerte immer die Notwendigkeit und Laune, Musik zu machen, zu komponieren, ohne auf das Endprodukt oder auf mich als Produkt plus Vermarktung zu schielen."

Hans Nieswandt räumt mit dem Vorurteil auf, elektronische Musik sei Männersache: "Frauen haben bei diesem Unfug zum Glück nie mitgemacht, obwohl es ab den späten 60er Jahren, spätestens mit Wendy Carlos, viele Pionierinnen der elektronischen Musik gab." Allerdings: "Keine von ihnen wurde ein Star. Die faszinierenden Geschichten von Elaine Radigue, Suzanne Ciani, Laurie Spiegel oder Doris Norton werden erst jetzt, im Zuge der retromanischen Begeisterung für legendäre Charaktere, wieder ausgegraben. Es sind nicht nur heroische, abgefahrene Bioghraphien, sie inspirieren auch neue Generationen von Musikerinnen und Programmiererinnen."

Folge 5: Punk, Post-Punk, New Wave

Ein Blick auf Punk, Post-Punk, New Wave und die Riot Grrrl-Bewegung, ein Querschnitt von den sumpfigen Anfängen im CBGB's bis hin zu aktuellen Veröffentlichungen.

Sandra und Kerstin Grether von der Berliner Electro-Rock-Chanson-Band Doctorella schreiben über Punkrock als Segen und Fluch für die Frauen, die sich in diesem Genre versuchen, und kommen zu dem Schluss: "... dass nicht nur in der Mathematik, sondern auch im feministischen Punk minus mal minus eben Plus ergibt: sich in die doppelt-unterdrückende Zuschreibungshölle zu begeben, damit zu leben und zu experimentieren, hat die Rebel Girls des Punk nicht schwach, sondern sogar so stark gemacht, dass sie immer neue feministische Wellen mitbegründen konnten! Ist der Ruf erst ruiniert ... oder auch: wer sich einmal nackt im Schlamm wälzt, wie die Slits auf dem Cover ihres Debüt-Albums 'Cut', dem glaubt man eben doch."

Dennis Lyxzén, Sänger und Vordenker der legendären Hardcore-Punk-Band Refused, schreibt aus der Perspektive des Mannes in der größtenteils weiblich besetzten Formation INVSN: "Für mich ist die Zusammenarbeit mit Frauen ganz natürlich, die Gruppendynamik verändert sich, wenn eine Frau in der Band ist. Es ist alles relaxter und vielleicht auch eine Spur offener. Ich spiele aber nicht mit Frauen in einer Band, damit der Frauenanteil steigt, sondern weil wir sehr gut miteinander auskommen, teilweise schon jahrelang befreundet sind und weil ich die Musikalität der Bandmitglieder und Bandmitgliederinnen schätze. Ich denke, sobald der Punkt erreicht ist, wo es einfach egal ist, welches Geschlecht man hat, wo man nicht mehr darüber nachdenkt, dass es doch toll wäre, noch eine Frau in der Gruppe zu haben, das ist der Moment, wo wir am Ziel sind." Noch ein weiter Weg bis dahin ...


Folge 6: Pop

Pop, dieses oft bespuckte Genre, prägt unseren Zeitgeist wie kein zweites. Keine andere Musikrichtung erfindet sich so oft neu. Über den Pop und seine Interpretinnen wird man noch in Jahrzehnten sprechen. Dennoch: Hinter den Hits stehen meistens männliche Produzenten und Songwriter.

Leslie Clio lässt an ihrer Überlegung teilhaben, wie ihre Idole ihren eigenen Werdegang geprägt und beeinflusst haben: "Ich weiß nicht, wer ich wäre, hätte es in meiner Kindheit und Jugend, meinem Leben nicht diese zahlreichen Musikerinnen gegeben, zu denen ich aufgeschaut habe und die ich alle zu einem Teil von mir gemacht habe. Mit zwölf ins Internat, seltenes Verhältnis zur Mama, keine großen Schwestern, Cousinen oder Tanten, habe ich mir fast mein gesamtes Frauenbild durch Musikerinnen erschlossen, mir Musikerinnen zu Vorbildern gemacht, mich an ihnen orientiert. Frauen, die mir durch ihr Sein, ihre Musik, ihr Auftreten gezeigt haben, wie und wer man als Frau in dieser (Musik-)Welt sein kann, und ich kann mich dabei an keinen Moment erinnern, an dem ich eben nicht genau das sein wollte."

Killerpilz Jo Halbig blickt statt in die Vergangenheit in die Zukunft: "Ich habe ein Traumszenario: Die großen Popstar-Frauen verlegen irgendwann ihren Fokus weg von Choreographie und schnellen Hits, hin auf Band-ige Arrangements, Band-ige Performances, nehmen selbst die Gitarren in die Hand, rocken die Schlagzeuge und gehen somit nicht nur den nächsten wichtigen Schritt für die Popmusik, hin zu mehr Lebendigkeit und 'Rock'n'Roll' im Mainstream ... sondern werden so ganz nebenbei zu Vorbildern einer neuen Instrumente-spielenden Generation von jungen Sängerinnen, die wir dann in zehn bis fünfzehn Jahren alle auf den Bühnen der Welt bewundern. HAIM und Larkin Poe machen es vor. Ich freu' mich drauf!"

Folge 7: Metal

Im Metal haben Frauen mit besonders hartnäckigen und entsprechend widerlichen Klischees zu kämpfen. Kaum ein Text zu weiblichen Metal-Acts kommt ohne die abwertende Gönnerhaftigkeit der Kerle aus, die ihn verfasst haben. Selbst die Pressetexte ihrer eigenen Platten quellen vor Rechtfertigungen über. Beispiel gefällig? "Es ist kein Geheimnis, dass sich die Gruppe aus lauter Mädels zusammensetzt, aber du würdest das ihren Songs niemals anhören." Kann ja auch keiner damit rechnen, dass Frauen ihre Instrumente beherrschen. In Pimmelhausen kann nicht sein, was in Pimmelhausen nicht sein darf. Schlimm!

Die ebenso wahnsinnige wie begnadete Great Kat erntete für ihre furchtlosen, hemmungslosen Streifzüge durch Klassik und Metal sogar Morddrohungen. Da kann man schon mal in GROSSBUCHSTABEN VERFALLEN: "BÖSARTIGKEITEN von EINGESCHÜCHTERTEN MÄNNERN, die ZU STEIN ERSTARRTEN, angesichts eines BESTENS AUSGEBILDETEN WEIBLICHEN VIRTUOSEN, der HEREINSPAZIERTE und sie allesamt wie UNQUALIFIZIERTE WEICHEIER aussehen ließ! Die VIRTUOSITÄT der Great Kat an GITARRE und VIOLINE, kombiniert mit ihren BRUTALEN LYRICS und der MÖRDERISCH INTENSIVEN HOCHGESCHWINDIGKEIT in Songs wie 'SPEED DEATH', 'METAL MASSACRE' und 'METAL MESSIAH' ließ die Männer sich VOR ANGST IN DIE HOSEN SCHEISSEN!" Zweifellos.

Mille Petrozza von Kreator sieht Sexismus nicht als eine Metal-spezifische Angelegenheit: "Die Probleme, die Frauen in der Musik begegnen, beschränken sich nicht auf den Metal, das ist ein generelles Problem von Leuten mit einem völlig überholten Denken. Das ich das zum Kotzen finde, ist klar. Das sollte aber jeder zum Kotzen finden, denn es ist ein völlig weltfremdes Denken, zu sagen: 'Oh, schau' mal, die Frau kann ja auch!' So ein Schwachsinn. Es ist in allen Bereichen so, dass es einfach nicht so ist, dass jemand nur aufgrund der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht etwas besser machen könnte."

Folge 8: Shoegazing & Dreampop

Stellvertretend für alle Shoegaze- und Dreampop-Künstlerinnen stößt sich Jo Bevan von Desperate Journalist im Vorwort daran, dass Frauen in der Musik immer noch als Ausnahmeerscheinungen wahrgenommen und dargestellt werden. "Das stimmt auf keinen Fall und stört mich persönlich auch sehr. Jetzt und auch schon immer waren viele Frauen in der Musik involviert. Nur weil die Leute ihnen nicht immer so viel Aufmerksamkeit und Stellenwert wie ihren männlichen Gegenstücken zuteil werden ließen, bedeutet das ja nicht, dass sie nicht da gewesen wären, nichts geschaffen, geschrieben, in Angriff genommen hätten, und nicht an den Synthesizern, Szenen und Magazinen gesessen wären, die die Musik von damals bis heute in neue und spannende Richtungen gelenkt haben. Ich glaube, das ist das größte Anliegen, das ich als Teil von Desperate Journalist mitbekommen habe. Es gibt einen Haufen Männer, die uns anscheinend mögen, weil sie auf 'Girl Bands' stehen und auch wenn natürlich jeder seinen eigenen Geschmack hat, diese 'Geschlecht als Genre'-Geschichte fühlt sich für uns als Band in unserem Eigenwert doch herabwürdigend an. Wir klingen weder wie Sleater-Kinney, Bikini Kill, The Selecter, Hole, Cranes oder Wolf Alice. Ich mag Radiohead doch nicht als 'Männerband', ich mag sie, weil sie fantastisch sind. Ich wünsche mir, dass auch Bands mit weiblichen Mitgliedern ein solcher Respekt entgegengebracht würde."

Folge 9: Rock, Art-Rock & Folk

Eigentlich müsste diese Folge "Großartige (aber sicher nicht alle) Rock, Blues-Rock, Art-Rock und Folk-Legenden und Vorreiterinnen aus den 1960ern und 1970ern, ergänzt um Country, Beat Music und einige nicht weniger tolle Nachfolgerinnen aus den 1980ern" heißen. Das wäre aber vermutlich noch weniger griffig. Weil angefragte einheimische Rockmusiker nichts zum Thema beitragen konnten oder wollten, zeigen internationale Größen, wie das geht.

Tori Amos hält ein flammendes Plädoyer für das überfällige Umdenken in den Etagen, in denen Entscheidungen getroffen werden: "Natürlich gab es immer wieder Momente, in denen ich es als Mann einfacher gehabt hätte. Für eine Künstlerin über 50 ist es ein stetiger Kampf. Es gibt schon Gründe dafür, dass heutzutage weit mehr ältere Männer als Frauen im Musikbusiness unterwegs sind. Es liegt aber nicht daran, dass es nicht genug Frauen gibt, die das Zeug dazu hätten. Es ist einfach so, dass Männer bei den großen Labels ein besseres Standing genießen."

Frauen im Prog müsse man mit der Lupe suchen? " Fang an, deinen Horizont zu erweitern" rät Steven Wilson da: "Im Progressive-Bereich hängt es wirklich davon ab, was du als Progressive definierst. Kate Bush ist ja gewissermaßen der Archetyp eines progressiven Künstlers. Sie ist ambitioniert, zukunftsorientiert, sie geht in unterschiedliche Richtungen, ihre Musik ist in vielerlei Hinsicht sehr komplex und sehr konzeptuell. Genau das gleiche gilt für Björk. Aber die meisten würden keine von beiden als Progressive kategorisieren. (...) Wenn man die Definition weiter fasst, findest du wahnsinnig viele faszinierende Frauen. Sie identifizieren sich nur nicht über ein bestimmtes, eng gefasstes Genre."

Folge 10: Alternative & Independent

Marnie von Ladytron ärgert sich gleich mal über den Titel dieser Reihe: "Bildung ist der Schlüssel. Und damit meine ich nicht Bildung im Sinne von Leuten, die sich selbst mit Artikeln wie diesem hier einlesen. Ich meine Bildung, vom kompletten Fundament auf. An Tag eins in Grundschulen müssen Mädchen und Jungs beigebracht bekommen, dass es nichts gibt, das sie nicht schaffen können. Das bedeutet, kein Fach liegt außerhalb ihrer Grenzen. Musikproduktion sollte gefördert werden, mehr nur als einfach nur ein Instrument zu spielen. Nur dann werden wir ein ausgewogeneres Verhältnis unter Musikern und Produzenten erleben. Bis das passiert, fürchte ich, werden Frauen weiterhin als 'Frauen in der Musik' kategorisiert und bezeichnet werden, statt einfach den Titel 'Musiker' zu bekommen, den sie schon lange verdienen."

"Ich kann die Erfahrungen von Dennis Lyxen (Refused) nur bestätigen", pflichtet Sven Lauer aus den Reihen von Jupiter Jones einem seiner Vorredner bei. "Ist das anfängliche Rumgegockel der Herren erstmal überwunden, entsteht bei der Zusammenarbeit mit Frauen eine andere Gruppendynamik, ein relaxterer und offenerer Umgang mit sich und der Musik. Und auch wenn Offenheit und Gleichberechtigung in der Alternative-, Indie- und Punkrock-Szene mittlerweile en vogue sein mögen, in Sachen substanzieller Akzeptanz ist hier noch viel Luft nach oben.

Folge 11: Reggae & Dancehall

Als "gefährdete Spezies" beschreibt Sister Carol die Frau in der Musik generell, und "ganz besonders im Reggae". Gefährdet vielleicht, vom Aussterben bedroht jedoch noch lange nicht. Stellvertretend für alle Vertreterinnen ihres Genres analysiert Ce'cile, Original Bad Gyal und eine der wenigen Produzentinnen im Geschäft, die Lage:

"Heutzutage gibt es eine Menge bekannter weiblicher Namen hier, doch der Erfolg scheint sich noch immer auf eine bis zwei Künstlerinnen gleichzeitig zu begrenzen. Und in den meisten Fällen - wie beispielsweise im Dancehall - ist den Gipfel zu erreichen offenbar leider gleichbedeutend damit, an der Spitze der lyrischen oder visuellen Lustlosigkeit zu stehen. Selbst wenn eine Künstlerin anderes Material vorweisen kann: Die erfolgreichsten Tracks scheinen mir auch immer die härtesten zu sein. Ich habe gelernt, dass das nicht unbedingt immer schlecht sein muss … die Lustlosigkeit dagegen schon."

Folge 12: Jazz

Sängerin und Schauspielerin Pascal von Wroblewsky freut sich über die zunehmend größere Zahl von Mädchen und Frauen, die in Jugend-Bigbands musizieren:

"Eine Band, also eine Bande, besteht ja typischerweise aus Jungs. Als Mädchen mitmischen zu können, heißt, eingeschworene Strukturen zu unterwandern. Ich glaube nicht, dass es nur eine Frage der musikalischen Früherziehung ist. Frauen haben ja nun doch auch in anderen Berufen männliche Domänen besetzt. Es braucht auch Interesse, und das kann man sicher nicht immer nur erzwingen. Glücklicherweise bilden immer mehr Mädchen Banden. Auch mit Jungs zusammen, für mich die ideale Konstellation. Ich träume immer von der Augenhöhe, der Gleichheit, gleichgültig wo."

Ihrem Kollegen Tom Gaebel ist diese Entwicklung bisher noch nicht so deutlich ins Auge gesprungen. Er blickt allerdings auch zurück statt aufs aktuelle Geschehen:

"Wenn ich an meine Anfänge als mittelmäßiger Geiger im Schulorchester zurückdenke, erinnere ich mich, dass es dort mindestens so viele Mädchen wie Jungs gab, die dort unseren Leiter mit schiefen Tönen quälten. Aber damals galt bei den meisten jungen Damen: Geige Top - Trompete Flop. Ebenso war es in der Musikschul-Big-Band: viele Saxophonistinnen, aber nur eine Posaunistin, keine Schlagzeugerin, keine Bassistin. Über die Gründe lässt sich sicherlich streiten, klar ist aber: Da wuchs schon mal kein großer Bestand an zukünftigen Jazzerinnen heran, die man dann später auf der Hochschule oder Bühne wiederfinden konnte."

Damit ihr den Durchblick bewahrt, haben wir unsere "Die Frau in der Musik"-Reihe hier noch einmal sortiert. Einen Ausblick auf die geplanten Episoden bekommt ihr obendrauf.

  1. Soul & Funk
  2. Deutsche Texte
  3. Rap & Hip Hop
  4. Elektronik
  5. Punk, Post-Punk, New Wave
  6. Pop
  7. Metal
  8. Shoegazing & Dreampop
  9. Rock, Art-Rock & Folk
  10. Alternative & Independent
  11. Reggae & Dancehall
  12. Jazz

... to be continued:

  • R'n'B?
  • Produzentinnen?
  • Studiomusikerinnen?
  • Liedermacherinnen?

... sagt Ihr es uns: Was soll die nächste Folge zum Thema haben?

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10 Kommentare mit 12 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Wurde zwischendurch nicht gesagt dass es noch eine R&B-Kategorie geben wird? Wenn nicht, wieso sind Beyoncé und Rihanna nicht in der Pop-Liste? Und wo werden Blues und Country untergebracht?

  • Vor 7 Jahren

    hat noch keiner was von Beth Hart gehört ?

  • Vor 6 Jahren

    Von meiner Seite viel Respekt und Anerkennung für diese umfangreiche und für mein Empfinden hervorragend recherchierte Jahresarbeit des Herrn K., die nun im Header auftauchende Zusammenführung der Reihe verdeutlicht nochmal, wie viel Mühe und Herzblut in jeder Einzelausgabe stecken. Digged it, bookmarked it.

    Klar, bei mir und so manchem Stammuser rannte er offene Türen ein, wieder andere sahen es wohl eher als Treibstoff, um hier weiter in vermeintlich humoristischer, tatsächlich mehr so trotziger Pose ihre althergebrachten Rollenbilder zu pflegen (m.E. vor allem ein Indiz dafür, wie nötig die Welt solche Listen aktuell leider noch hat, um besagte und in den Vorab-Interviews immer wieder angesprochene Rollenbilder langfristig und in gesellschaftlicher Breite irgendwann mal überkommen zu können...) und von der schweigenden Mehrheit dürfen wir wie immer nur hoffen, dass sie überhaupt etwas davon mitgenommen bzw. mitbekommen abseits von Hashtag metoo.

    Werde hier entsprechend auch nicht weiter im Bann des eigenen Fanatismus die vermeintlichen "Lücken" beklagen, das hab ich nach meinem Gefühl bereits häufig genug in den jeweiligen Einzellisten getan, sondern das hier nun vorliegende Kompendium nutzen, um in den nächsten Monaten lieber eigene musikalisch-kulturelle Bildungslücken zu schließen.

    Gruß an Sven, keep up the good work!

  • Vor 5 Jahren

    Lies noch ein paar der qualitativ hochwertigen Artikel hier auf Laut die ich so leid bin vielleicht verstehst du dann warum man solche Kommentare bringt :D Aber klar sich selbst nicht anstrengen aber es von anderen erwarten, kennt man ja.

  • Vor 5 Jahren

    Rappende Frauen sind nach wie vor cringy bis albern, besonders wenn sie sich obendrein als Moralpolizei aufspielen...

    • Vor 5 Jahren

      Das, nur etwas mehr als eine Woche nachdem das Little Simz Album rausgekommen ist, dass bestimmt nicht nur in meiner Jahresbestenliste auftauchen wird, heißt übersetzt etwa "Ich hab keinen Plan von Rap".

    • Vor 5 Jahren

      Deutschtümelnde Trolle sind nach wie vor cringy bis albern, besonders wenn sie sich obendrein als Moralpolizei aufspielen...

    • Vor 5 Jahren

      Da avon bisher immer extreme Fachkenntnis in Sachen Rap bewiesen hat, werde ich auf sein Urteil hören und meine Platten von Missy, Gangsta Boo, T-Love, Invincible, Princess Nokia, Little Simz, Yugen Blakrok, Flohio, Tommy Genesis etc.pp. umgehend löschen bzw. auf nebenan.de verschenken. Is einfach ZU cringy, das Zeug.

  • Vor 5 Jahren

    Mal nochmal zum Themenkomplex "Emanzen vs Sexismus": Nachdem hier ja Typen wie Sancho und unser zweitliebster Nadsi übers WE wieder massiven Unfug verzapft haben, muss ich mal ein bisschen realtorquen.
    Diese ganzen Shots gegen weibliche Rapper etc sind natürlich immer (zumindest bei mir) ein Wenig überhöht und sicher nicht zu 100% ernstzunehmen. Mein größtes Problem das ich hier halt oft habe ist, dass man das Gefühl bekommen kann, dass bei laut in manchen/vielen Artikeln die Gender-Agenda den Vorrang vor der Qualität des Outputs bekommt. Dass man zB für Little Simz eine Lanze bricht und die Dame hier massiv jubelpersert, ist zu 100% gerechtfertigt, weil sie liefert. Wenn ich aber gefühlt andauernd über "Rapperinnen" wie Sookee oÄ lesen muss, die einfach nur schlecht sind, dann nervt (mich) das einfach auf einer Musikseite. Ich hab keinen Bock Müllrapper zu supporten, egal ob sie über Gleichberechtigung oder über Haze und Kahbas rappen, weil das nicht meine Herangehensweise an Musik ist. Wenn mich Jemand für seine Themen gewinnen will, dann muss halt erstmal das handwerkliche Grundgerüst halbwegs passen. Und hier wird halt einfach (gefühlt) zu oft Müllrappern eine Plattform gegeben.