laut.de-Kritik
Ins Cello verliebt wie Messi in den Ball.
Review von Kai ButterweckLuka Sulic und Stjepan Hauser haben es drauf; keine Frage. Die beiden aus Kroatien und Slowenien stammenden Ausnahme-Cellisten beherrschen ihre Instrumente wie Lionel Messi das runde Leder. Sie spielen sauber, schnell und auf den Punkt; alles toll, alles super. Was den beiden Könnern allerdings fehlt, ist Gefühl, zumindest dann, wenn sie sich innerhalb ihres reichhaltigen Cover-Repertoires mit Songs aus dem Rock- und Pop-Bereich beschäftigen.
Bereits auf ihren beiden ersten Studioalben scheiterten Luka und Stjepan an den atmosphärischen Hürden von Songs wie "Welcome To The Jungle" oder auch "Smells Like Teen Spirit". Auch auf dem dritten Studioalbum "Celloverse" stößt das Duo während der Neuinterpretationen von Metal-, Rock- und Pop-Evergreens wie "The Trooper", "Thunderstruck" und "Live And Let Die" an seine Grenzen.
Sicher, über 100 Millionen (!) Youtube-Klicks sind ohne Zweifel eine Hausnummer, und das in den Videos zu "The Trooper" und "Thunderstruck" präsentierte Derwisch-Chaos des Zweiers lädt definitiv zum Schmunzeln ein. Blendet man die optische Performance jedoch aus und fokussiert sich nur auf die Musik, dann dröhnt einem schnell der Kopf.
Außer Rand und Band bearbeiten die beiden Protagonisten ihre mannshohen Instrumente, als gehe es lediglich um die Maxime: schnell, schneller, am schnellsten. Dabei schmerzt nicht enden wollender High Speed-Galopp im Verbund mit jaulenden Solo-Einwürfen ("The Trooper") mindestens genauso wie das Nachspielen von Angus Youngs imposantestem Gitarrenmoment der Neunziger im Überschall-Modus ("Thunderstruck"). Der hibbelige Temporausch macht auch vor dem ehrwürdigen McCartney-Archiv nicht Halt ("Live And Let Die"). Da kommt sogar Chinas Ausnahmepianist Lang Lang gehörig ins Schwitzen.
Auffallen um jeden Preis heißt das Motto, wenn die beiden Cellisten im Stile von Super Talent-Finalisten von einem Guck-mal-was-ich-drauf-habe-Gipfel zum nächsten hüpfen. Dass der Zweier aber auch durchaus in der Lage ist, mit etwas mehr Ruhe und Liebe zum Detail allgemein Nachvollziehbares zu präsentieren, kommt bei einer derartigen Überpräsenz von Aberwitzigem und Tollkühnem leider viel zu kurz. Dabei lassen die Versionen von "Hysteria", "Shape Of My Heart" und "They Don't Care About Us" durchaus erkennen, dass 2Cellos auch ohne Hummeln im Hintern zu Außergewöhnlichem imstande sind. Imposante Score-Themen wie "Mombasa" und "Time" unterstreichen das noch zusätzlich.
Letztlich lassen Songs, die hier bewusst ins Abseits gestellt werden, darauf hoffen, dass sich die beiden Musiker irgendwann einmal ihrer wahren musikalischen Stärken besinnen. Ob und wann das der Fall sein wird, steht jedoch in den Sternen. So lange Millionen Youtube-Fanatiker dafür Sorge tragen, dass kurzweilige Oha-Momente langlebige Kunstschätze in die Tasche stecken, wird sich an dem bedauernswerten Ist-Zustand wohl nichts ändern.
2 Kommentare
Letzte Absatz triffts, die armen Instrumente.
Das Album entspricht meinen Erwartungen. Es ist Cello-Rock vom Balkan und dazu gehört auch eine temperamentvolle Interpretation der Songs. Wahrscheinlich ist es ein wenig von der Roma-Kultur geprägt. Aber selbst ruhige Sachen wie das Sting-Cover "Shape Of My Heart" bekommen sie ganz gut hin. Von mir gibt es 4/5.