laut.de-Kritik

Schattierungen der Belanglosigkeit.

Review von

Hatten wir uns nicht längst voneinander verabschiedet? Wir hatten immer eine tolle Zeit, waren die besten Freunde, aber irgendwann drehten sich die Gespräche unaufhörlich um die immer gleichen Themen. Wir lebten nur noch in der Vergangenheit. Bevor unsere Freundschaft in Langweile stirbt, hast du mit einem "Ending On A High Note" die Reißleine gezogen. Fünf Jahre später stehst du mit treuen Augen wieder vor der Tür und bittest um Einlass.

A-ha stehen wieder auf der Matte. Erstmals reiht sich mit ihnen eine Band, die mir wirklich am Herzen liegt, in die Reihe der Wiedergänger. Der großen Farewell-Tour folgt nun das Comeback. Den Versuch, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere abzutreten, haben sie mit "Cast In Steel" gehörig in den Sand gesetzt.

Nach der Schaffenspause in den 1990ern flogen den Norwegern mit "Summer Moved On" und dem Album "Minor Earth - Major Sky" die Herzen entgegen. Sie waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Heuer sorgt die Wiedervereinigung selbst im Fanlager für skeptische Blicke und Kopfschütteln. Ohne das große Tamtam um das angeblich letzte Konzert würde man sich heute weniger verschaukelt vorkommen. Aber nun gut, da stehen Morten, Paul und Magne das erste Mal seit "Memorial Beach" unter ihrem alten Bandlogo und grinsen schelmisch in die Kamera. Wer will ihnen da schon böse sein?

Entgegen der allgemeinen Meinung waren A-ha immer mehr als schnulzige Pop-Barden. Ihre Musik war einem ständigen Wandel ausgesetzt. In ihrer ersten und stärksten Phase entwickelten sie sich von umschwärmten Synth-Pop-Stars ("Hunting High And Low", "Scoundrel Days") zu einer erwachsenen Alternative Rock-Band ("East Of The Sun, West Of The Moon", "Memorial Beach"). Auch in ihrer zweiten Ära blieb ihr Schaffen einem stetigen Wandel ausgesetzt. Auf radiofreundlicher Pop ("Lifelines") folgte Rock ("Analogue") und das Zurückbesinnen auf den frühen Synth-Pop ("Foot Of The Mountain"). Da kann man schon mal gespannt sein, wo die Reise auf dem ersten Studioalbum seit sieben Jahren hin führt.

Die Antwort: in die Sicherheit des radiokonformen Pops, die diversen Schattierungen der Belanglosigkeit erkundend. Dabei startet "Cast In Steel" vielversprechend. Der Titelsong und "Under The Makeup" lassen auf Großes hoffen. Von einem wuchtigen Orchester begleitet zeigen A-ha noch einmal, warum sie mit der Zeit das Etikett der harmlosen Teenie-Band abstreifen konnten. Wenn Paul Waaktaar-Savoy Lust hat, gelingen ihm schwelgerische Balladen und Pop-Songs, in denen Euphorie und Melancholie die perfekte Balance finden. Wenn es schief geht, schreibt er mit Magne und Morten "Touchy!".

Glaubt man den Interviews, kamen die Norweger wieder zusammen, nachdem Paul Morten neue Songs vorspielte und der Beau diese für "außerordentlich gut" befand. "Wow, tolle Songs. Wir müssen die Band wieder zusammenbringen." Rohrkrepierer wie das uninspirierte "Shadow Endeavors" oder das schauerliche Gepolter von "Door Ajar" kann er nicht gehört haben. Gleichförmig tuckern diese am Ohr vorbei, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Nachdem das für die ersten beiden Stücke engagierte Macedonian Radio Symphonic Orchester seine Pflicht und Schuldigkeit getan hat, erlebt der Longplayer einen Bruch und setzt auf altbackene Synthesizer und seelenlose Arrangements. Einzig das in seiner Traurigkeit schunkelnde "Goodbye Thompson" erhält ein warmes, von der Norm abweichendes Klangbild mit schroffen Untertönen und reicht so an die beiden Opener heran.

Magne, der in der zweiten Band-Phase, in der Paul stellenweise lustlos wirkte, zunehmend das Ruder übernahm, schafft es mit dem zu Beginn an "Take On Me" erinnernden "Forest Fire" auf gerade einmal einen guten Track. Ansonsten bleiben seine Lieder hinter seinen Möglichkeiten zurück. Insgesamt fällt auf, dass sich Furuholmen und Waaktaar-Savoy das ganze Album über aus dem Weg gehen. So vermeiden sie auch Großtaten wie "Scoundrel Days", "Manhatten Skyline", "Stay On These Roads" oder "Minor Key Sonata (Analogue)".

Den Vogel schießt wieder einmal Morten Harket ab, der es einfach beim Singen belassen sollte. Seine Songs wirkten neben denen seiner beiden Bandkollegen schon immer unausgereift und bieder. Dies bewies der Sänger zuletzt mit seinem Solo-Album "Brother". Das mit Peter Kvint und Ole Sverre Olsen geschriebene "Living On The Edge Of The World" bietet übelsten Kitsch und Schlager-Kokolores, dessen einfältige Melodie gut zu Roger Whittaker oder Helene Fischer passen würde.

Die Rückkehr in die Arme ihres Urproduzenten Alan Tarney, mit dem A-ha erstmals seit "Stay On These Roads" zusammen arbeiten, steht "Cast In Steel" zusätzlich im Weg. Seine Arbeit bleibt altbacken und unterkühlt und bricht den durchwachsenen Songs mit ihrer Eintönigkeit das Genick. Ecken und Kanten werden radikal planiert. Das Theremin in "Under The Makeup" versteckt er so gut im Mix, dass man es nur hört, wenn man genau weiß, dass es da ist und wo es sich befindet.

Lieber Freund, selbst die schönste Zeit findet einmal ein Ende. Es war schön, dass du noch mal vorbei geschaut hast, aber letztendlich zeigte dein Besuch nur all zu deutlich, wie weit wir uns voneinander entfernt haben. Es schmerzt, dich noch einmal ziehen zu lassen, aber nach 30 Jahren endet hier unser gemeinsamer Weg. Mach es gut, A-ha.

Trackliste

  1. 1. Cast In Steel
  2. 2. Under The Makeup
  3. 3. The Wake
  4. 4. Forest Fire
  5. 5. Objects In The Mirror
  6. 6. Door Ajar
  7. 7. Living At The End Of The World
  8. 8. Mythomania
  9. 9. She's Humming A Tune
  10. 10. Shadow Endeavors
  11. 11. Giving Up The Ghost
  12. 12. Goodbye Thompson

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LAUT.DE-PORTRÄT A-ha

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17 Kommentare mit 27 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    white_atmo, ja, genau das ist gestrig - nicht mehr und nicht weniger. Danke für die Bestätigung. Aber, versteh mich nicht falsch. ich finde nostalgisch geprägte Musikprojekte gut. Apropos Iron Maiden. Ich weiß ja, dass viele das neue Album schätzen - aber der Sound... oh je. Das machen a-ha allerdigs wirklich besser, die wenigstens die Möglichkeiten aktueller Produktion nutzen. Bei Maiden hat sich anscheinend wohl jemand gedacht, es wäre schick, eine orignal 70s Studioanlage zu verwenden...

  • Vor 9 Jahren

    Cast in Steel ist meiner Meinung nach stilistisch der logische Nachfolger von Foot of the Mountain und meiner Meinung nach in seiner Gesamtheit auch stärker.

    Ich brauche keine zweite Hunting high and low und auch keine zweite Scoundrel Days (wenngleich dieses Album ganz sicher eines der stärksten ist). Ohnehin macht es wenig Sinn Alben miteinander zu vergleichen die 30 Jahre auseinander liegen. Während Foot of the Mountain einige richtige Perlen enthält und einige schwächere Stücke ist Cast in Stil für mich als Gesamtwerk runder und ausgereifter.

    Für wen die Alben Memorial Beach oder Analogue der Maßstab sind wird an dieser Platte vermutlich weniger Freude habe. Es ist der klassische a-ha Sound wie wir Ihn von der Band ursprünglich kennen, viele Synthies und Streicher im Hintergrund. Mir macht die Platte einfach nur Spaß weil sie gute Laune macht. Bis auf Goodbye Thompson gefällt mir fast jeder Song sehr gut. Insbesondere Cast in Steel, Objekts in the Mirror, She`s humming a tune, Shadow Endeavors (besonders der Übergang ab Minute 3:00) und Giving up the ghost. Aber auch The Wake, Forest Fire und Living at the end of the world gefallen mir gut.

    Ich spiele das Album immer wieder von vorne an, weil es immer neues zu entdecken gibt. Und das macht für mich letzten Endes ein gutes Album aus. Man kommt aber besser rein als bei Memorial Beach oder Analogue die ich schwer zugänglicher fand.

    Die Meinung von Herrn Kabelitz kann ich daher nicht so ganz teilen und ich denke bei erneuten Anläufen, wird er seinen Fehler in der Bewertung auch noch erkennen. Nur Mut, es lohnt sich!
    Gruß
    Oberforstrat

    • Vor 9 Jahren

      [Die Meinung von Herrn Kabelitz kann ich daher nicht so ganz teilen und ich denke bei erneuten Anläufen, wird er seinen Fehler in der Bewertung auch noch erkennen.]

      hundescheisse ist lecker. musst du nur oft genug probieren.

    • Vor 9 Jahren

      Was ist das denn bitte für ein unpassender Vergleich? Hast du Cast in Steel eigentlich gehört? Wenn nicht, würde ich dich doch sehr bitten, einfach nichts mehr zu schreiben. Das ist vermutlich wesentlich besser als dein dummes Gestänkere.
      Gruß
      Oberforstrat

    • Vor 9 Jahren

      du hast da irgendwas grundsätzlich missverstanden, waldschrat.
      du unterstellst herrn kabelitz einen fehler in seiner rezi weil du das album gut findest. ist dein gutes recht. aber eine geschmackliche meinung zu einer sache wird nicht automatisch durch wiederholten konsum besser.

    • Vor 9 Jahren

      Nicht unbedingt Praabol. Aber es kann zumindest sein und ich denke, dass Kabelitz das auch noch bald genug erkennen wird. Vielleicht solltest du das Album auch noch einmal hören, anstatt hier weiterhin Dünnpfiff abzusondern, Androgyner.

    • Vor 9 Jahren

      Gruß
      Oberforstrat

  • Vor 8 Jahren

    Leider muss ich der Kritik zustimmen. Aber es gibt doch so viele Bands, die einfach nicht aufhören können. Auch wenn sie schon lange nichts mehr als sich selbst kopieren können. A-ha haben wenigstens wieder mal etwas anderes geschaffen. Das ist ein Markenzeichen, das erhalten geblieben ist. Und bei ihnen ist es das erste Album, das irgendwie durchschnittlich klingt. Mit meiner anderen Lieblingsband, U2, ist es viel schlimmer. Die machen schon seit 16 Jahren durchschnittliche Musik, die mit der genialen Periode 1980-2000 nichts Gemeinsames hat. Das ist herzbrechend. Hoffentlich machen a-ha nun endlich Schluss (oder - noch besser - Schluss mit ordinärer Musik).
    Womit ich nicht einverstanden bin, ist die Bewertung der Alben von Morten Harket. Die ersten drei finde ich ausgezeichnet.